Samstag, 7. März 2009

bahia: zuerts das vergnuegen, dann die arbeit

punta del este und die fuenf beton-finger hab ich in einem nachtbus hinter mir gelassen um nach porto alegre (im sueden von brasilien. aus dieser region stammt gisèle buendchen- um den blog fuer meine maennlichen leser attraktiver zu machen) zu gelangen. von dort aus nahm ich einen flug nach salvador de bahia und dort wieder einen nachtbus nach itacare, vielen auch besser bekannt als ¨delia's paradies".
das sind ungefaehr 4000 kilometer oder 36 stunden (fast) ohne schlaf.

am fruehen morgen angekommen ging ich zu fuss und bei hoechster luftfeuchtigkeit auf die suche nach dem flughafen-bus. vollgeschwitzt, weit ueber 20 kilo auf den schultern, aber gluecklich darueber, dass die haltestelle so leicht zu finden war, stieg ich ein. ich probierte es jedenfalls wieder mal. denn wie viele male zuvor war ich schon mit diesem ungeheuer in den bus-vordereingaengen (vierarmige, senkrecht aufgerichtete, drehbare eisenstange) stecken geblieben und bemitleidenswert vom chauffeur aufgefordert worden, den hintereingang zu benutzen??!! aber wenn man schon mal drin stecken geblieben ist, gibt´s auch keinen schmerzlosen, geschweige denn eleganten weg da wieder ohne mindestens einen blauen fleck raus zu kommen. obendrein starrt dich jeder an als waerst du nicht von dieser welt. die hier sehen so was wie mich nicht oft. das kriegte ich vor allem spaeter am flughafen von salvador eindringlich zu spueren.

nach vier wartestunden am flughafen in porto alegre konnte ich endlich ins fast leere flugzeug einsteigen und mich ueber drei sitze breit machen. nach der ersten wasser-runde und nachdem ich um einen espresso OHNE ZUCKER!!! (den mussten sie neu zubereiten, denn meistens werfen sie das halbe kilo zucker schon beim aufkochen rein. man hat drei mal unglaubwuerdig nachgefragt, ob der kaffee auch wirklich OHNE ZUCKER sein soll...) gebeten hatte, hatten mich alle flugbegleiter erfolgreich ignoriert, sodass ich schliesslich ueber-durstig von kopfschmerzen, fieber und anderen uebelkeiten befallen wurde und stundenlang vergebens einzuschlummern versuchte.

und da war sie ploetzlich: eine erinnerung aus meiner kindheit.
ein vierstuendiger flug, ein kleiner junge, ein und derselbe schrei, drei stunden lang: maaaaaaaae! maaaaaaae! wie ich das nie vermisst hatte! wir haben damals mit einer brasilianischen familie in einem block gewohnt und den ganzen tag, morgens bis abends, dieses eine wort durch alle waende hallen gehoert. es bedeutet einfach nur ¨mutter¨... und toent nach tortur wenn es aus dem munde eines brasilianischen kindes kommt. das herumgeschreie hatte mir endgueltig den rest gegeben, mir war nicht mehr zu helfen.
es war kurz nach 18 uhr, aber schon nacht. ich landete in salvador und stieg fix und fertig, total durcheinander, aus dem flieger aus- noch um ein vielfaches bleicher als ich es eh schon immer war. sogar fuer einen weissen waere mein anblick schrecklich weiss gewesen. wie soll es denn da den wirklich sehr schwarzen einheimischen erst ergangen sein...!!!?? so etwas hellhaeutiges, alleinereisendes mit einem riesigen rucksack gibt es nicht alle tage zu sehen...
rueckblickend kann ich manchmal ein bisschen darueber schmunzeln, obwohl mich damals pure verzweiflung ergriffen hatte. ich fuehlte mich wie ein albino-affe in einem kaefig- und jeder wollte mindestens 100 blicke auf mich werfen.
ich wartete 45 minuten lang auf den bus, der mich vom flughafen zum busterminal bringen sollte. es waren die laengsten meines lebens... alleine ein taxi zu nehmen war mir uebrigens noch viel unheimlicher. kein mensch verstand auch nur ein wort englisch oder spanisch, auch half mir die notiz nicht weiter, auf der schoen leserlich ¨rodoviario¨ (busbahnhof) stand. begaffen wollte mich jeder, sobald man sich aber jemandem naeherte und was fragen wollte, drehten sie mir den ruecken oder blickten weg.
der bus kam endlich. und weil er nicht gleich abfahren wuerde, wollte ich mir eine flasche wasser im imbiss nebenan kaufen. 12 quadratmeter ladenflaeche fuer ca. 12 angestellte... nur kein stress- man ist schliesslich in brasilien.
ich wartete. wartete. wartete. wurde nervoes. der bus wartet auch in brasilien nicht ewig... die leute draengten sich vor mich. ich wollte nicht noch mehr auffallen als ich es eh schon tat und zeigte gute miene zum boesen spiel. irgendwann war ich sozusagen ¨an der reihe¨. seit dem mittag nichts getrunken und eben jenes ignorante flugpersonal. haette es die situation erlaubt waere ich (und jeder andere mensch auch) ausgerastet als sich ein... mannsweib... schon wieder vordraengte und ¨nur¨ ihre getraenke zahlen wollte. der bus, dachte ich die ganze zeit..!! ich laechelte ihr ein luegnerisches ok zu, was haett ich denn sonst tun sollen...? sie wollte ja nur zahlen.
mit drei kilo kleingeld!!!


eile mit weile. aber bloss nicht in brazil! am schluss wird immer alles gut. gruesse aus delia's paradies!


ich konnte es nicht glauben. mir wurde schwarz vor augen. mein durst wurde immer groesser, genau wie die angst, den bus zu verpassen. also ging ich schnell aus dem laden zurueck zum bus. und wer nahm gleich vor mir den platz ein? dieses dumme kamel, das die ganze busfahrt lang ihre vier(!) getraenke saufte...

nach zwei weiteren stunden und tausenden von pruefenden blicken hatte ich mein anschlussticket in der tasche. ich kroch in die wartelounge, schmiss mein ganzes gepaeck auf zwei stuehle und suchte nach wasser. ich konnte den rucksack nicht mehr sehen- haette ihn jemand dort geklaut, ich waere froh darum gewesen.
dann folgten drei stunden unterhaltungs-tv auf brasilianisch. unfassbar! man haette die leute nur sehen sollen. totenstille im wartesaal. alle starren in eine richtung. keine bewegung, kein laut, kein schluerfen am kaffeebecher, nichts...! und es war kein fussball, oder sonst was, was den brasilianern heilig haette sein koennen. nein! es lief big brother!
unglaublich! alle in trance! und ich im tiefstem schockzustand! so viele verlorene seelen auf einem haufen und ich ein teil davon... bei so was hilft leider auch der bittertse kaffee nicht. augen zu und durch!
















am naechsten morgen war ich am ziel angelangt. die odysee war zu ende. big brother weit weg. ich muede und kaputt. der schlaf, den ich so lange herbeigesehnt hatte, wollte mich natuerlich genau jetzt nicht ueberrennen. da kann man nichts machen, ausser sich einfach nur auf den abend freuen und wissen, dass man umso schneller auch bei hoechster naechtlicher luftfeuchtigkeit und ohne klimaanlage zufrieden einduesen wird.


nicht abgeschottet, aber nur zu fuss erreichbar. die schweissarbeit ist vielen touristen ein hindernis. verstaendlich. und darum ein dankeschoen an die faulpelze, denn sonst haetten diese straende nichts idyllisches mehr an sich.






der doerfchenkern von itacare an sich ist nicht spannend, voll von backpackern- solchen wie mich eben. ausserhalb des kleinen touristenknaeuels ist aber doch alles sehr idyllisch und ruhig. die straende sind traumhaft schoen und viele auch traumhaft leer. die einheimischen scheinen hier bewundernswert sorgenfrei (in unserem europaeischen sinn) zu leben und gluecklich und zufrieden mit dem zu sein, was sie haben. auf der strassen und im supermarkt hoert man auf jeden schritt jemanden ein liedchen pfeiffen und wenn man im souvenierladen eine postkarte kaufen moechte, kann es gut sein, dass man von einer gerade stillenden mutter bedient wird... es ist wahrlich eine etwas andere welt! mehr kann ich dazu irgendwie gar nicht sagen, es ist ein kleines paradies. die fotos druecken meine wahrnehmungen viel besser aus, als ich es in worte fassen koennte. deshalb: geniesst die fotos und beneidet mich. ich nimm's niemandem uebel.


und, wie war der fang heute..?

nach vier tagen un vielen dummen ratschlaegen hatte ich mich entschieden nach morro de sao paulo (zwischen itacare und salvador gelegen) zu gehen. alleine schon die reise dorthin ist wieder ein paar zeilen wert:
ich entschied mich also in letzter minute doch noch den nachtbus zu nehmen und nicht erst am naechsten morgen zu reisen. zuvor setzte ich mich in ein restaurant um mir den rest der reise durch den kopf gehen zu lassen. ich war sehr angespannt, denn ich hatte noch keine unterkunft dort und man hat mir gesagt, dass hochsaison sei und dass es seeeehr, seeehr schwierig sein wuerde was zu finden.
ich wuehlte die ganze zeit verwirrt in der tasche herum, fand das gesuchte und vergass schliesslich die haelfte beim verlassen des restaurants. unter anderem zwei paar schuhe! hatte wenigstens den vorteil, dass ich somit ein gutes kilo gepaeck weniger auf den schultern hatte... deshlab trauerte ich nicht lange, obwohl meine lieblings-turnschuhe drunter waren. ein kilo weniger ist nicht wenig!


platz und palmen, so viel man will...









wir kamen gegen fuenf uhr in der frueh an und mussten gleich auf ein boot, das uns auf die insel brachte. die busfahrt war die schlimmste, die ich je ueberstehen musste. sechs stunden lang geruehrt und geschuettelt worden. wirklich ganz uebel!
die bootsfahrt werde ich nie vergessen: 
es ist ca. 5.20 uhr als wir abfahren. keiner konnte auch nur eine minute lang waehrend der ganzen busreise schlafen. alle grimmig reinschauend, uebermuedet, einfach nur nach einer freien ecke im boot suchend, in die er sich bis zum sonnenaufgang wenigstens verkriechen koennte. dann wie aus dem nichts: musik aus zwei riesigen boxen auf disco-lautstaerke. wenn schon, denn schon... wir lagen alle im boot wie tote fische und wussten nicht was uns geschieht. blankes entsetzen, hoffnungslosigkeit und selbstmitleid in jedem versteinertem gesicht zu lesen. jeder schuettelt den kopf, schaut verwirrt um sich und weiss genau, dass man da nichts machen kann. die lauteste boots-party der welt findet statt und nur der kapitaen amuesiert sich. auf seinem bug- zappelt mit ausgestreckten armen und beinen im rhythmus seiner platte. und pfeifft auf den rest der welt. das ist bahia! bem vindo!
als entschaedigung gab's aber einen der schoensten sonnenaufgaenge, den ich je gesehen habe.

bahia um halb sechs uhr morgens. nur einer wacht ueber unsere sclaflosigkeit- mit ein paar hundert dezibel.


bei der ankunft in morro wurde einem zuerst das gepaeck abgenommen und schoen aus dem hafen rausbefoerdert. niemand verstand was los war, denn alle rissen sich darum die meisten gepaecke schleppen zu duerfen. die touris wie entlein hinterher watschelnd, zufrieden, denn es war schon wieder heiss geworden und man hatte diese verrueckten, die einem noch die rucksaecke durch den sand zogen. im ganzen dorf gibt es keine asphaltierten strassen. auch keine autos oder buesse. nur sand. und irgendwann begriffen wir, dass all die netten gepaecktraeger in wahrheit echte taxifahrer waren.

taxi? ja, bitte! mit muskelkraft befoerdern die maenner ca. 150 kilo den sandhuegel hinauf. wenn's sein muss auch peinliche, besoffene auslaender...




meine befuerchtungen, dass ich keine unterkunft finden wuerde, hatten sich schnell in luft aufgeloest, denn beinahe jedes haus war auch eine sogenannte pousada, d.h. privatunterkunft. ich und noch zwei daeninnen landeten zusammen in einer etwas auf dem berg gelegenen pousada mit einer durchgeknallten besitzerin (ich weiss nicht, was die in ihrem leben alles schon geraucht hat, aber es kann ihr sicher nicht gut getan haben...) und ihren 127 abgemagerten katzen. 


von der insel selber war ich leider ziemlich enttaeuscht. die straende sind ok, konnten jenen von itacare (ja sogar jenen von punta del este) nicht das wasser reichen und ueberhaupt war alles zu touristisch. nicht das, was ich erwartet hatte, als jeder davon schwaermte und mir riet unbedingt dorthin zu gehen. die zentralen straende zum beispiel tragen so poetische namen wie "strand 1", "strand 2", "strand 3" oder "strand 4". kein witz! der hauptort der insel ist einfach nur ein partyort wie jeder andere auch, ausser dass hier alles neben portugiesisch und spanisch auch auf hebraeisch angeschrieben ist. eine etwas andere israelische festung. habe mir sagen lassen (und mittlerweile auch selbst mich davon ueberzeugen koennen), dass sehr viele israelis nach der ausbildung durch suedamerika reisen. was mich- weiss auch nicht warum- sehr ueberrascht hatte. man hat aber den eindruck, dass sie sich hier keine freunde machen, was sie offensichtlich selbst zu verantworten haben. sie bilden gruppen, mischen sich selten unter "andere" und sprechen meistens kein wort portugiesisch oder spanisch, gruessen nicht und kommunizieren nur wenn es wirklich sein muss.


gleich kommt der regen. zuerst aber mein abschied im hafen von morro de sao paulo.




morro ist ein ort, wo mindestens 90 prozent der einheimischen maenner taxifahrer sind, mindestens 90 prozent der touristen israelis sind, mindestens 90 prozent der haeuser auch pousadas sind und mindestens 90 prozent aller menschen flip-flops tragen. nett, aber kein ort, wo ich unbedingt nochmals hingehen muesste...
nach drei tagen musste ich schon wieder nach salvador fahren, weil ich von dort aus einen flug nach rio hatte. bevor ich unsere durchgeknallte verliess, traf ich einen australier, der mir den tip gab, eine tablette zu nehmen, bevor ich auf den katamaran gehe. wie bin ich ihm heute noch dankbar! links und rechts, vor und hinter mir wurde zwei stunden lang gekotzt und im fernsehen lief carnaval!


was fuer ein fest...!!! mir egal, ich flieg nach rio!






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