Dienstag, 5. Mai 2009

ueber minibusse und andere authentische erfahrungen


die weiterreise nach bolivien- gekoppelt mit dem, was ich mir bisher ueber dieses land habe erzaehlen lassen, bzw. welche art von vorurteilen darueber gestreut werden- konnte mich nicht unbedingt in ueberwaeltigende vorfreude versetzen. bolivien sei gefaehrlich, gesetzeslos, korrupt, hinke dem rest der welt 70 jahre nach, etc... vielleicht mag das alles bis zu einem bestimmten punkt stimmen, aber zum glueck gibt es in diesem fall auch eine kehrseite.

kaum ist man ueber der chile- nischen grenze, hat man schon saemtlichen asphalt- boden hinter sich gelassen.



die erste ueberraschung gleich am grenzuebergang. das beste "fruehstueck inkl."- fruehstueck, das ich seit wochen hatte. kaese, schinken, butter, konfi und brot. alles frisch (das ist eben das, was nicht immer "inkl." ist)! ich schlug mir den magen voll. vielleicht war das ja nur eine heimtueckische falle und ein hinterlistiger bolivianischer willkommensgruss? und man wuerde fuer die naechsten drei tage nicht mal aufgetautes weissbrot seviert bekommen. deshalb hatte ich schon am abend zuvor vorgesorgt, bzw. vorgegessen, und am gleichen morgen vor der abfahrt ein erstes dickes fruehstueck eingenommen. ich, so wie alle anderen auch, hatte wirklich angst tagelang mit knurrendem magen herumlaufen zu muessen. solch schwachsinnige sachen hoert man eben von bolivien- reisenden. jeder lief mit einem plastiksack vollgefuellt mit notfall- proviant herum... ja, die angst war gross!
und die moral von der geschicht? zwei magen hat man nicht! ich litt zwei tage und naechte lang an fiesestem sodbrennen...

man muss sich auch mit dem gadanken abfinden, den wahrscheinlich betrunkensten und unfaehigsten chauffeur der welt abzubekommen- so wie man es in einigen reisebuechern lesen kann. aber alles gelogen! wir hatten den nettesten chauffeur, den man sich vorstellen kann. und zum erstaunen aller fragte er gleich nach dem einsteigen, ob jemand einen i-pod dabei haette- er moechte gerne englische musik hoeren. wir waren alle verbluefft darueber, dass man in diesem niemandsland weiss, was ein i-pod ist. ich dachte, hier waere man noch inmitten der walkman- aera...

in einem 4x4 durch die "dali" wueste. aber unmoeglich, diese drama- szenerien koennen nicht durch menschenhand entstanden sein!

leider, leider hat nicht alles so schoen sein sollen. meinem i-pod wurde es schnell zu heiss und staubig, er gab den geist auf. da schwand auch schnell die liebe zu unserem chauffeur. seine sinnesraubende vorliebe fuer bolivianische musik konnte uns nicht zusammenschweissen- im gegenteil. es waren qualvolle tage von acht uhr morgens bis sechs uhr abends immer mit den sechs gleichen liedern aus den bolivianischen supercharts. ein und das selbe lied 30 mal taeglich. und spaetestens nach dem zweiten abspielen fragt man sich, ob er immer das erste laufen laesst oder ob es tatsaechlich mehrere verschiedene aber doch gleiche sind...
und spaetestens am zweiten morgen wuenscht man sich einen...
...walkman!


sonnen- baden? nicht hier! der see- spiegel liegt auf ein paar tausend m.ue.m und der strand ist aus salz.



das war aber die einzige herausforderung der unangenehmen art, auf die wir nicht gefasst waren. ungeachtet dessen war mein ertser eindruck von bolivien sehr positiv.
das essen, die unterkunft, die freundlichkeit und die gastfreundschaft der menschen, der i-pod- anschluss im jeep, und nicht zuletzt die natur.
es ist wueste. schon wieder. und immer noch. alles erinnert an meine atacama. lagunen, geysire, berge, vulkane, felsen und flamingos.


zwischen- stopp vor einer lagune.









wir sehen hier viel mehr lagunen als in der chilenischen wueste und die bolivianischen geysire tragen den namen auch zurecht (was fuer ein gestank!), die vulkane strahlen im gleichen violett, das pink der flamingos ist aenlich wie das ihrer artgenossen auf der anderen seite der grenze.

die herren der lagunen: flamingos.

und doch... ist es vielleicht das wolkenkroenchen auf der vulkanspitze, das ich auf dem ollague nicht sehen kann? liegt es an den grazioesen vicuñas, die man niergends grasend beobachten kann? wo sind die gezeichneten watte- wolken im bolivianischen himmel? etwas fehlt mir hier! etwas kleines, aber uebernatuerliches, das die atacama- wueste so einmalig machte.
dort empfand ich alles viel ueppiger und lebendiger. und das alles zudem noch auf einer konzentrierteren landflaeche.
soll nicht heissen, dass die suedbolivianische wueste kein erlebnis wert ist. im gegenteil!

"you wanna see reflection? i'll show you some reflection!" unser reise- fuehrer zu mir, als ich ein paar minuten zuvor mit meiner kamera den spiegelnden himmel in einer pfuetze einfangen wollte.

es ist der dritte und letzte tag. ich guck aus dem fenster und seh endlich den salar de uyuni.
die letzte nacht verbrachten wir in einem hotel aus salz. aus was denn sonst?! die waende, tische, hocker, betten, sogar der fernseher- alles aus dem salz gemeisselt.
das salz fehlte leider ausgerechnet in der suppe und im restlichen z'nacht. ich war nah dran, den stuhl auf dem ich sass, abzukruemeln. oder aus dem boden eine handvoll salz zu hoehlen...
wir verlassen das hotel. es steht noch- ich hab's nicht aufgegessen. es folgt ein halber tag "salz". vor, hinter, rechts und links von mir. alles weiss. es blendet stundenlang.
der grosse sieger des tages ist zweifelsohne eine insel inmitten des salars. nein, nicht aus salz. hauptsaechlich aus kakteen- riesigen! alles gruen. ich haette nie gedacht, dass so viele stacheln so faszinierend sein koennten. (wenn's aber einen ort auf der welt gibt, wo man nicht unbedingt stolpern sollte, dann ist es wahrscheinlich dieser).


ein weisses meer. inmitten des salars erstreckt sich die isla del incahuasi. die kleinen, schwarzen flecken auf dem weissen grund sind uebrigens menschen.










am nachmittag kommen wir in der stadt uyuni an. ende der reise. doch zuerst ein besuch im lokomotiven-museum. gibt's spannenderes im leben? ja! der jeep haelt neben ein paar gleisen mit lokomotiven drauf. ein stillgelegter hafen mit hunderten von tonnen von rost. wozu alles muehevoll und kostspielig restaurieren?! das ist ein freiluftmuseum à la boliviana!
der wind peitscht im museum. ich pfeiff auf die sammelstuecke und verzieh mich in den jeep.
die schnelle weiterreise aus uyuni war wie eine flucht. eine wueste wuestenstadt, nicht mehr, nicht weniger. wir nehmen zu fuenft einen super-lujo (super-luxus) nachtbus nach potosi und reisen weiter mit der frage im magen wie wohl ein nicht super-lujo bus aussehen mag...

die waben- struktur des salars.











es ist zwei uhr morgens, ich liege in meinem etagenbett in potosi und kann einfach nicht einschlafen. ich denke daran, wie dankbar ich sein muesste, bis jetzt alles ohne irgendwelche krankheiten ueberstanden zu haben. im gleichen augenblick juckts am ruecken. ich kratz und denk mir nichts dabei...
potosi ist eine uralte stadt (kann man nicht von vielen staedten in suedamerika sagen. denn wenn sie nicht von den spaniern zerstoert und ausgepluendert worden sind, sind sie frueher oder spaeter mal von einem erdbeben heimgesucht und dem boden gleich gemacht worden) mit hunderten von wunderschoenen kirchen und kathedralen. an jeder ecke, in jedem noch so winzigem gaesschen. ein unesco- weltkulturerbe und weil auf 4100 m. ü. M. auch die hoechstgelegenste stadt (ihrer groessenordnung) der welt. definitiv keine moderne schoenheit, eher eine alte, aber charmante grossmutter. die penible sauberkeit der strassen und die auseinanderbroeckelnden pastellfarbigen haeuser beeindrucken auf ihre eigene art mindestens so sehr wie die imposanten gotteshaeuser.
und schenkt man der bolivianischen touristeninformation glauben, war es einst (im 16. jahrhundert) die reichste stadt der welt. dies verdankte sie damals dem cerro rico, dem "reichen huegel": silberminen, in denen immer noch geschoepft wird- hauptsaechlich nach dem taeglichen brot aber. das edelmetall liegt dort seit jahrhunderten nicht mehr verborgen, aber alle hoffnungen, es vielleicht doch noch eines tages wieder zu finden. potosi kann niemand verlassen, ohne diesen beruehmten ort nicht von innen gesehen zu haben. und niemand kommt dort rein, ohne ein paar "geschenke" fuer die mineros im rucksack zu haben. wir halten vor einem laedeli und kaufen das, wozu wir eingeladen, konkret gesagt, gezwungen werden: filterlose zigaretten, snacks, erfrischungsgetraenke, coca- blaetter, dynamit in der plastiktuete und alkohol. 96- prozentigen! die arbeit muss psychisch und vor allem physisch ein horror sein, aber mit 96% betaeubt man wahrscheinlich auch die letzte lebendige faser des koerpers. unser tour- guide reicht uns das gift zum probieren. ich lass mir diese "einmalige" chance nicht entgehen...
wir buckeln rein in die mine- die niedrigen gaenge sind fuer grossgewachsene gringos eine permanente kopfschlag-gefahr- und begegnen dem ersten kumpel. wie alt mag er sein? 18, 28, 38? der arbeiter ist sich selbst mehr ein werkzeug als ein wesen mit menschlichen zuegen. die augen sind da, aber kein blick in ihnen. sein ganzer koerper perlt sich im schweiss. wir werden unser erstes geschenk los, eine flasche cola. die getraenke und die coca- blaetter sind die mit abstand willkommendsten geschenke, die zigis lehnen die meisten ab, weil ihnen das bisschen lungenkraft gerade mal zum atmen reicht. mit 50 ist kaum einer noch arbeitsfaehig, mit 55 sind die meisten schon tot oder invaliden. und das alles fuer 30 bolivianos am tag. keine fuenf franken.wer noch haerter schuften kann und will der kriegt auch ein bisschen mehr. "leichtverdientes geld" sagt unser minenfuehrer (der selbst mit 16 in diese mine um zu arbeiten gekommen war). "viele minderjaehrige" erzaehlt er "gehen ihren vaetern in den ferien aushelfen und brechen darauf die schule ab, sobald sie das schnelle geld in den mienen schnuppern."bald will er selbst auch wieder zurueck zu seinen kumpels, obwohl er als mienenfuehrer einen viel angenehmeren und besser bezahlten job hat. dieses mienenleben hat man eben im blut, es ist kein beruf, es ist eine berufung. allen umstaenden zum trotz. die miene ist fuer die kumpels das synonym fuer freiheit- nur maenner, keine frauen, keine familie, keine fremde gesetze, kein gott. in den felsen haengen papier-girlanden. am tag zuvor haben sie hier karneval gefeiert, mitten in der miene. es ist auch ihre partystube... ein erlebnis der anderen art. eindruecklich und beeindruckend zugleich.

spielende kinder und der cerro rico im hintergrund. in manchen ecken kann es quirlig werden, aber es bleibt immer friedlich auf den sauberen strassen von potosí.










wir buckeln den gleichen weg wieder zurueck und wollen nicht in den bus einsteigen bevor wir nicht das ultimative ereignis sehen: eine dynamitsprengung. gehoert einfach dazu. nur bloed, wenn man sich nicht vorher darum gekuemmert hat... es bleibt uns nichts anderes uebrig, als uns eine geschenkpackung wieder zurueck zu kaufen. wir erdealen uns einen guten preis und lassen das pulver in die luft gehen. wie kindisch! aber vielleicht genau so einmalig wie 96- prozentigen alkohol trinken. darum erlaubt und halb so peinlich.
ich geh zurueck ins hostel, dusche den schweiss und staub von der haut und aus den haaren weg. es ist kurz nach mittag, ich hab noch nichts gegessen, geh in ein restaurant und fruehstuecke fuer 70 bolivianos. das sind zwei tagesloehne im "cerro rico" zwei kilometer von hier entfernt... gibt's ein mass fuer absourditaet? fuer gerechtigkeit? wie definiert man den begriff "normal"?

buch- haltung auf dem buerger- steig in potosí...








es geht rund 1300 meter in die tiefe. nach sucre, in die hauptstadt von bolivien. nein, la paz ist nicht die hauptstadt!
ich hatte keine ahnung, was mich dort erwarten wuerde, ich weiss auch nicht, was mich dorthin getrieben hat. wahrscheinlich war es als ein zwischenstopp geplant gewesen, so wie san pedro in chile. und so wie dort blieb ich auch hier eine volle woche lang. die stadt ist ein juwel- ein weissgestrichener. man glaubt seinen augen nicht- es ist alles weiss, das ganze zentrum. schon wieder ein unesco- weltkulturerbe, sauber wie die schweiz, viele parkanlagen, kirchen natuerlich, etc. eine studentenstadt. ich sehe den ganzen tag kinder in schuluniformen auf den strassen herumrennen und hoere staendig ein glockenlaeuten aus den schulinnenhoefen. in anderen staedten ist die luft voll von abgasen, hier hat man das gefuehl tonnen von edukation in derselben riechen zu koennen. ich lauf herum und seh einen tennisplatz mitten in einem park, mitten in der stadt. ich seh einen richtigen supermarkt (man findet tausende tante emma laeden hier, aber sehr selten supermaerkte). ich sehe jungs in fussballtrikots (gefaelschten natuerlich) von europaeischen clubs herumstolzieren, ich beobachte, wie grossgewachsene bolivianerinnen in hosenanzuegen spazieren, auf baustellen arbeiten, oder im jeep durch die stadt fahren.

pflicht fuer alle: mindestens ein mal im jahr muss jeder sein haus weiss streichen. damit der glanz nicht verblasst.













bin ich denn wirklich in bolivien? ja, es ist alles anders als ich es je gedacht haette. und nebenbei gesagt ist es seit buenos aires die erste groessere stadt, in der ich mich richtig wohl fuehle. liegt sicher auch daran, dass ich hier wieder einen lieblingsplatz gefunden habe, wo ich ein richtiges birchermuesli und echten kaffee fruehstuecken kann. ich sitze taeglich stundenlang im cafe, schluerfe an meinen unzaehligen doppios, esse spiegeleier mit schinken... aus den boxen schreien die rolling stones. ich bin im herzen von nowhere, mitten im niemansland. ich fuehl mich wie zu hause.

sucre ist abseits des zentrums etwas modester, aber nicht minder beschaulich.














das einzige, das mich ernsthaft beschaeftigt, ist der ausschlag, den ich ueber eine woche lang zu ignorieren versucht habe. es scheint ein willkommenes business und ein lustiger zeitvertreib hier zu sein, den gringos alles moegliche zu verkaufen, nur nicht das richtige. ich geh in jede apotheke rein, die ich sehe und jedesmal verziehen die angestellten (mit sicherheit keine ausgebildeten apotheker! sie koennen sich nicht mal verstellen, und so tun als ob sie welche waeren! ) schockiert und bemitleidenswert ihr gesicht, wenn ich ihnen die roten punkte zeige. und dann fragen sie mich, was das sei. wenn die es nicht wissen, wie soll ich dann eine ahnung haben!? ploetzlich kommen sie aber mit allen moeglichen mitteln und wollen mir alles verkaufen, was in den vitrinen und im schaufenster steht.

frisch gepresster orangensaft an der plaza 25 de mayo. strassenver- kaeufer arbeiten an jeder ecke, unter jedem baum, neben jeder verkehrsampel.

die bettlaeuse haben mich jedenfalls zwei volle wochen lang gejuckt und gestresst. alle pillen aus den apotheken haben nichts geholfen- das waschen saemtlicher kleidungsstuecke hingegen schon... man lernt nie aus!

was machen diese steine in und vor einem gotteshaus? bolivien hat wahrscheinlich tausende kirchen. von der regierung wird katholizismus vorgeheuchelt, in tat und wahrheit praktizieren die bolivianer nur ihre eigenen religionen.







ein willkommenes erlebnis war der besuch eines typischen sonntagsmarkts in der "naehe" von sucre. das heisst, ca. 1.5 stunden von la capital entfernt. der minibus selbst schon ein erlebnis wert. und hier ist ein minibus auch wirklich "mini". ich hatte zwei stunden lang muskelkater von der fahrt. muss ein heidenspass fuer die indios gewesen sein, uns beim gelenke-quetschen zugeschaut zu haben. ist man nicht groesser als 1.40 ist "mini" ok, danach wird's im bus sehr, sehr eng.

beim schlendern durch den markt sieht man alles moegliche- es ist sehr geschaeftig, bunt, laut, stickig, bizarr. man sieht und riecht lebendiges, totes, halbtotes... alles! man will uns einen esel fuer 800 bolivianos verkaufen. 130 franken- ein schnaeppchen! nehmen wir glatt mit und verzichten auf den minibus!
mein englischer kompane, der nebenbei gesagt schon seit tagen staerkste magenschmerzen hat, will unbedingt dort essen, wo man keinen einzigen touristen erblicken kann. das frisch geschlachtete liegt auf den tischen in einer grossen halle ausgebreitet, die fliegen schwirren umher, die mageren katzen schlaengeln gierig um die tische... ein eindeutiges no gracias meinerseits. mein amigo will aber authentisches erleben. nichts einfacher als das... mit einem bissen ist man schon dabei! mir reicht mein authentischer ausschlag vollkommen! der arme kerl lag drei tage lang im bett, die toilette sein engster vertrauter...

verrueckt! ich kam nicht aus dem staunen raus! eine indigena am markt von tarabuco- mit einem handy am ohr.













sieben tage sucre waren aber mehr als genug. ich sitze in einem nachtbus nach la paz. es ist schon irritierend, wie luxurioes man in bolivien reisen kann, wenn man drei, vier franken mehr fuer eine acht-stuendige fahrt zahlt. ich hatte mich auf klaustrophobische minibus- zustaende eingestellt und lag schliesslich in einem sitz, wo ich drei mal haette reinpassen koennen.

bei der ankunft ist es nicht mal sechs uhr morgens, aber am busterminal schon sehr laut, verwirrend, chaotisch. hier gibt es keine rush hour nachmittags um fuenf, hier ist der ganze tag ein nie endender 24-stuendiger rush. zwei stunden spaeter stehe ich mit meiner australischen freundin mitten in der stadt. ein gehetze, wo man hinblickt. das einzige, was seine ordnung hat, ist das chaos selbst.
die strassenverkaeufer und die buschauffeure bruellen in die luft, die taxifahrer fluchen herum, die verkehrspolizisten trillern mit den pfeifen, alles, was zwei oder mehr raeder hat, hupt ununterbrochen, die bremsen quitschen aus allen richtungen, die bettler jammern, die fruehstueckssuppe und die maiskolben brodeln in den toepfen, die bauarbeiter haemmern, die jungen bolivianos pfeiffen den gringas hinterher, die losverkaeufer preisen pausenlos auf einem holzbrett das glueck an, die kirchenglocken laeuten. die theaterbuehne vibriert in der brennenden sonne und im dicksten smog. rette sich, wer kann!
wir fuehlen uns ziemlich unwohl, sind orientierungslos, verloren. nach dem friedlichen sucre ist das ein schock.

la paz liegt nach allen himmelsrichtungen hin verstreut in einem kessel zwischen 3000 und 4000 meter ueber meer. die reichen unten im warmen downtown, die armen, d.h. die indios, oben in den kalten haengen. entlang der haupt- avenida ist durchaus ein metropolitaner hauch zu spueren, wenn auch nur ein sehr kleiner. die stadt ist alles andere als schoen, aber wie potosi und sucre schoen sauber, und die wichtigsten sehenswuerdigkeiten lassen sich an einer hand abzaehlen. die stadtrundfahrt war die amuesanteste, die ich je erlebt habe. ein zwei- stuendiger beweis dafuer, wie wenig es ueber la paz zu sagen gibt. es faengt an mit: zu ihrer linken sehen sie die universitaet x. das gebaeude ist ueber 100 jahre alt und verfuegt ueber einen quadratischen grundriss. darin befinden sich neun vorlesungssaele... etc...

ein rauf und runter auf la paz' strassen. im hintergrund die huegelsiedlungen der indigenos.













das ist kein scherz, das ist eine stadtrundfahrt durch la paz. und haette es doch noch was aufregendes zu sehen gegeben, haette man es vielleicht gar nicht sehen koennen. das oberdeck des sightseeing-buses ist mehr eine strangulierfalle, denn eine panorama- plattform. alle paar meter den kopf einziehen, sonst bleibt er im haengenden kabelwirrwar zwischen den strommasten stecken.die finale fahrt auf einen huegel lohnt sich wenigstens - man hat eine eindrueckliche aussicht ueber die stadt hier oben. ein gewlatiger kessel mit unzaehligen haeusern drin.
der bekannste pilgerort der touristen ist nich etwa eine kathedrale oder ein museum, es ist ein hexenmarkt. ich kann mir keine andere stadt auf der welt vorstellen, wo so ein markt passender angesiedelt waere als in la paz. es gibt dieser absurden stadt den perfekten schliff. zugegeben- ich hatte mir den hexenmarkt viel mysterioeser und unheimlicher vorgestellt. da sitzen aber einfach alte frauen vor ihren ladentueren und warten darauf, dass man ihnen opfergabe- fertigpackungen abkauft. ich haette noch so gerne wahrsagerinnen, riesige, gruen dampfende hexen-kochtoepfe und schwarze katzen gesehen...
das auffallendste waren die getrockneten lamafoeten, die an den standdaechern hingen. sie gelten als besondere opfer an die goetter, geister oder an was auch immer die menschen hier glauben. allein schon die tatsache, dass in der ganzen altstadt alles um neun uhr geschlossen ist, laesst keine hexenstimmung aufkommen.

der hexenmarkt. wie wichtig ist denn die bitte und viele geister sollen gerufen werden? von farbigen seifen uber raeucherstaebchen bis hin zu getroeckneten lamafoeten. alles, was die goetter sich opfern lassen.

ich habe drei tage gebraucht, um mich mit la paz zu versoehnen. sie bleibt zwar ziemlich unschoen, aber speziell in ihrer eigenen art und weise. an meinem letzten tag nehme ich ein taxi in den neuen stadtteil. ich steig ein und frag mich, warum mich der fahrer ueberhaupr rein laesst, wenn da schon zwei andere drin hocken. die steigen bald aus. ich bin allein in meinem taxi. einen augenblick spaeter muss ich links rueberrutschen, da wollen schon wieder zwei andere mitfahren. und so weiter und so fort. mein taxi ist dein taxi, ist sein taxi, ist unser aller taxi... oder so aenlich!
eine knappe halbe stunde spaeter bin ich da. keine 90 rappen hat der ganze spass gekostet. der neue stadtteil ist in die wueste hinaus gebaut, sehr haesslich, aber eben neu und darum in den bolivianischen augen "modern". ungemein haesslich, ich sag's euch!

blick aus dem bus auf das chaotische treiben von la paz. man beachte das stran- guliernetz oben...




zu guter letzt noch ein wort ueber die death road, die "gefaehrlichste strasse der welt": ich war bereit den inneren schweinehund in mir zu finden und ihn zu bezwingen. ich wollte an meine physische grenze kommen, den ganzen tag bis zum umfallen radeln und dabei dem abgrund in die augen schauen... waer ich in einem bus gesessen und waer die strecke mit einem furchtlosen fahrer runtergedonnert, haett ich sicher die ganze zeit gebetet. der "strassen"rand
broeckelte schon beim hinsehen. mit dem bike war aber alles ein downhill- spass ohne grossen adrenalin- schub. das i survived the death road - t-shirt werde ich aber auf jeden fall behalten, es macht ungeheuren eindruck...

was kann ich denn noch ueber bolivien sagen?! ich hoffe, dass ich auf meinem reisen noch mehr solchen "eckigen" laendern begegnen werde, in die ich mich verlieben werde.

es stehen aber noch zwei tage bolivien vor mir. ich mach mich auf den weg zum titicaca- see, um hoffentlich dort die mystik zu finden, die ich am hexenmarkt nicht erlebt habe.

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