Mittwoch, 15. Juli 2009

in den klauen des burger king


colombia ist drogen. waffen. krieg. pablo escobar. aufstaende. die schoensten frauen. entfuehrungen. vier meter hohe drahtzaeune auf kinderspielplaetzen, ringsum polizisten.
colombia ist cartier. juanes. umschwung. aufschwung. zuversicht. 100 gramm milchschokolade fuer 25 dollar. der spruengli im vergleich dazu ein discounter.
colombia ist nicht das, was 99 prozent von uns darueber zu glauben wissen.

in kolumbien gibt's keinen starbucks, dafuer die omnipraesente kaffee- strahlefigur juan valdez, zu dem die einheimischen pilgern um ihren koffein- rausch zu bekommen. starbucks wird's hier nie geben, juan valdez sei dank! eine erste sehr sympathische erscheinung- wie ich finde..

leider kann ich kolumbien nicht aus der sicht eines rucksackreisenden beschreiben, weil ich mir hier zwei wochen lang "auszeit" von meinem reisen nehme und besuch habe.
zuerst bogotá, dann medellín, zuletzt cartagena. zwischendurch gewinnen wir zwei mal nichts ahnend auf den fluegen bingo, was uns vier inlandfluege unserer wahl beschert, auf die wir aber aus zeitmangel leider verzichten muessen. solch ein glueck muss man erst mal haben..

bogotá's "altstadt" ist nicht gerade huebsch, doch ausserhalb dieser bieten sich einige sehr schoene, moderne und sehr lebendige stadtteile mit einem breiten angebot an restaurants, bars und shopping- adressen. in diesen paerken und quartieren ist diese metropole sehr mondaen, chique, geschaeftig. sehr "europaeisch", gewissermassen.

medellín ist bogotá in kleinformat. es ist die stadt des weltberuehmeten drogenbarons pablo escobar, dessen antlitz man sich noch auf so manchem unbeflecktem t-shirt fuer ein paar pesos ganz legal erwerben kann. ein moerder, ein held, eine provokation. man verleugnet ihn nicht, der eine oder andere erwaehnt seinen namen nicht gerne im gleichen atemzug, in dem er uns ueber sein land erzaehlt. aber escobar ist passé. seine aera ist vorbei, er unter der erde, kolumbien seitdem im wandel. so gut es geht.
auch in medellín gruesst uns juan valdez aus jeder ecke und laedt uns auf kaffee und kuchen.


enge gassen und volle blumentoepfe auf den balkonen. das ist cartagena.













cartagena ist eine hafenstadt, deren kern vor jahrhunderten durch eine festungsmauer geschuetzt wurde und die heute noch mit ihrer hilfe gegen einfluesse und uebergriffe anderer art sich wehrt, allem voran dem wandel der zeit.
cartagena ist eine fata morgana. wenn einem die 37 grad celsius und die brutale schwuele morgens um zehn ins gesicht peitschen und sich die linien der stadt in diesem dunst ins unscharfe verschwimmen. eine schoenheit wie aus dem bilderbuch. alles pastellfarben, vom kopfsteinpflaser bis zum himmel. erinnert mich stark an cuenca in ecuador. das boese erwachen gibt's, wenn ueberhaupt, spaetestens dann, wenn man in den kot der vielen pferde, die in der altstadt als taxis registriert sind, rein tritt. innerhalb der mauern sind abgesehen von kutschen keine anderen vehikel zugelassen, die ihrerseits noch mehr zu diesem kitschigen bild der stadt beitragen.
die straende ausserhalb von cartagena sind nicht der rede wert. muessen sie auch nicht sein, denn waeren sie die schoensten auf der welt, koennten sie es mit dieser zauberhaften altstadt auch nicht aufnehmen!


waeren romeo und julia latinos, waere cartagena ihr verona gewesen.














aber auch die leuchtenden fassaden koennen ueber die schattenseiten nicht hinwegtaeuschen, die augenscheinlichkeit, dass zum paradies armut und elend dazu gehoeren. haendler, die am rande der strasse und der existenz mausfallen verkaufen und taeglich um das stueck brot fuerchten, kinder, die von der hand in den mund leben, den touristen den schokoriegel aus der faust betteln. auch das ist kolumbien. natuerlich ist es das. es waere gelogen, das gegenteil zu behaupten.


schoenheits schlaf im mondlicht.










es wird noch jahre dauern, bis sich kolumbien den alten ruf von der schulter weggekratzt hat und die meisten von uns ihre vorurteile gegenueber diesem land abgebaut haben. wer einmal dort war, weiss wovon ich rede. wer nicht, der sollte das schnell nachholen. viva colombia!
adiós colombia! am flughafen von bogotá wird mir die weiterreise nach panama verweigert, weil ich keine gueltigen papiere habe, die beglaubigen, dass ich je wieder aus panama ausreisen werde. ja, ich will in panama asyl beantragen und dann die spitze des schwarzhandels im bananengeschaeft uebernehmen..
aber copa airlines hat es darauf abgesehen mir meinen bananentraum streitig zu machen und stellt mich unsanft und diskussionslos vor die wahl, meinen flieger nach panama city jetzt zu verpassen oder mir auf der stelle irgendein ticket zu kaufen, dass meine ausreise aus panama "garantiert". in einem hitzigen monolog verhandle ich waehrend fast anderthalb stunden mit dem bodenpersonal, das sich staendig auswechselt, um launisch meine einwaende und meinen pass zu ueberpruefen, um mir dann wieder in gleichen zeitabstaenden mal ein sí!, mal ein no! anzuwerfen.
die uhr in der flughafenhalle tickte gegen mich, ich war mit den nerven am ende. so viel willkuer war mir noch nie widerfahren. ich kaufe ein nutzloses flugticket von panama city nach san josé fuer circa 400 us- dollar und erlange damit die weisheit, dass ich mir von nun an die ausreise- dokumente, in welcher form auch immer, faelschen muss.
(der einzige grund, weshalb ich mich fuer das fliegen und nicht fuer den landweg entschieden hatte, ist der, dass ich nicht so lebensmuede war mich wie eine abenteuerhungrige europaeerin anzustellen um mich mit irgendeinem privatkonvoi ueber die kolumbianische haupt drogentransitstrasse durch den dschungel schmuggeln zu lassen. zugegeben, das war lange zeit mein naives vorhaben. aber nachdem ich keiner menschenseele begegnet war, die sich zuvor auf diese version der grenzueberquerung eingelassen hatte, waehlte ich ohne lange mit mir zu hadern die wahrscheinlich viel angenehmere variante..).


die skyline von panama city bei nacht gehoert vermutlich zu einer der schoensten der welt. einen besseren empfang kann man sich eigentlich gar nicht vorstellen. wolkenkratzer im vollmond, richtige strassenbeleuchtung inklusive verkehrsampeln, eine angenehme schwuele. ich stelle fest, dass ich mein suedamerika hinter mir gelassen habe. hier faengt für mich nicht nur geografisch und kulturell ein neuer abschnitt an, die luft hier ist tropischer, der blick der einheimischen forscher und eindringlicher, er hat etwas vorurteilhaftes in sich, der wind ist nicht so wehmutig und ausdrucksstark wie ich ihn bis jetzt immer erlebt hatte.
ob's wohl oder uebel ist wird sich noch zeigen. ich bin gespannt..

nun, leider, dieser erste eindruck hat sehr schnell und arg getaeuscht und alles, was darauf folgte kann ich weder als aufregend noch schoen bezeichnen.
das miami von zentralamerika lebt offensichtlich mehr schlecht als recht vom und fuer den panamakanal, der offiziell im jahr 2000 von den amerikanischen in die panamaischen haende uebergeben wurde.

blick vom casco viejo auf das banken- und wirtschafts zentrum panama's.






mit hilfe der USA erlangte die damalige kolumbianische provinz panamá 1903 die unabhaengigkeit vom heutigen suedamerikanischen nachbar. wenn ich das strassenleben hier analysiere, geben mir meine beobachtungen anlass zur skepsis, dass vieles wahrscheinlich nicht so geworden ist, wie es sich das volk damals vor 100 jahren noch gewuenscht hatte. der dollar beherrscht hier den alltag, die taxis und supermaerkte sind fuer die air condition- geilen us- amerikanischen gaeste auf zehn grad runter gekuehlt, auf den strassen fahren protzige jeeps mit verdunkelten scheiben, die auslaendischen geschaeftslaeute machen mit kind und kegel ausfluege in den franzoesischen gourmet-eisdielen der altstadt und gleich daneben hausen die baracken der aermsten einheimischen, die sich einen solchen lebensstandard, den ihnen die kanalbauer vorleben, in zehn generationen nicht werden ermoeglichen koennen.
es ist eher ein land fuer die, die es sich leisten koennen, als fuer die, die hier verwurzelt sind. panama's kultur und identitaet sind so ausgehoelt wie die leerstehenden, nur aus den grundmauern bestehenden haeuser des casco viejo, der altstadt. die schoensten und aeltesten bauten werden weder restauriert noch als kulturdenkmaeler geschuetzt, sondern hinter einem grossen for sale schild gepriesen. in den truemmern wuchern das gestruepp und die armut, die die obdachlosen hier in diese vier waende verbannt hat.

verwahrloste haeuser des casco viejo.
















ich lauf die strassen rauf und runter, man fragt mich staendig aus welchem teil der USA ich komme.. ich kann diese frage nicht mehr hoeren! der planet besteht nicht einzig aus den vereinigten staaten! aber auch dieses weltbild haben sie irgendwie von ihnen adaptiert..
ich frage zwei amerikanische touristinnen, ob es sich lohnt sich den panamakanal anzuschauen. sie schwaermen, wie awesome und stunning es sei. also geh ich hin. ich waere auch dann gegangen, wenn sie mir die besichtigung nicht empfohlen haetten. weil ich in dieser hinsicht prinzipiell keiner fremden meinung traue.

der panamakanal vor mir. zumindest ein teil dessen. und diese schleusen, die den wasserspiegel heben oder senken, damit die schiffe passieren können.
bei allem respekt vor der ingenieurskunst- das hier ist das langweiligste, das man mir je als eine touristenattraktion verkauft hat! ein schlechter witz! eine unverschaemtheit! die menschenschar um mich aber verbluefft vom wasserspiegel- spiel... liegt's an mir oder an ihnen??!

sei es darum! wem's nicht passt, der soll doch gehen. will ich auch.
kann ich aber nicht. es quaelt mich, dass ich noch ueber's wochenende in dieser stadt bleiben muss, da mich die fluggesellschaft auf den montag vertroestet hat und bis dahin die rueckerstattung meines flugtickets geprueft haben will.
ich gib nicht nach, verteidige meinen opfer- standpunkt unermuedlich bis zum dienstag und kriege schon wieder nichts als eine email- adresse, an die ich meine beschwerde reichen soll. wuetend auf alle, vor allem auf mich selbst und die knausrigen zehn wochen, die mir bis zum rueckflug bleiben und auf die tage, die ich hier belanglos verschwende, die mir aber andernorts viel freude bereiten wuerden. ich fuehle mich in meinem eigenen zeitplan gefangen, da ich allein schon fuer costa rica vier wochen eingerechnet habe. wenn ich das einhalten will, bleiben mir fuer den rest von zentralamerika laecherliche sechs wochen. die zeit, ein unerbittlicher, ignoranter dieb!!

fuenf tage panama city sind vier tage zu viel der schlechten laune.
ab nach bocas del toro. ein dorf an der karibikkueste. ein unschoenes kaff wie ich bei der ankunft um fuenf uhr in der frueh feststelle, aber das paradies fuer hunderte von saufwuetigen nordamerikanischen teenagern. nichts fuer ungut, die surroundings werden viel mehr zu bieten haben..
ich quetschte mich mit 20 anderen strandhungrigen in einen munzigen minibus mit zwoelf sitzplaetzen. wer zu spaet kommt wird nicht bestraft, sondern einfach und selbstverstaendlich ueber die anderen geworfen oder geschoben (die nebenbei bemerkt sich an einem nicht wirklich existenten fahrplan orientiert hatten und schon seit geraumer zeit in der enge und der hitze des gefaehrts mit schweissausbruechen ihren sitzplatz verteidigen).
merke, die wichtigsten regeln: in diesem teil der erde kann ein minibus nie unpuenktlich genug sein. er kann auch nie voll genug sein. es ist platz fuer alle da. wie viele es auch je sein moegen. wie viele man unterwegs zusaetzlich auch noch aufgabeln mag. zehn zu viel sind gleichzeitig auch immer einer zu wenig. und aus versprochenen dreissig minuten fahrzeit lassen sich in handumdrehen 70 machen.
an jedem selbst zu richten, wer hier der groessere glueckspilz, bzw. der kleinere pechvogel ist-das polsterfleisch drunter oder die fleischdecke drueber.

wir sind angekommen. ueber den strand laesst sich nicht viel sagen, ausser dass er seehr, sehr lang und seeehr, sehr schmal ist. ueberdies sehr naturbelassen. heisst: mehr natur als strand. wenigstens gab's dort auch sehr viel wasser. so viel zu nahes wasser aber, dass man keine eigentlichen trockenzonen finden konnte um ein badetuch auszubreiten. jedenfalls gab's in diesem meer unmengen von seesternen. wunderschoenen! eine augenweide! wie hinein gepinselt in blaue nass.

playa de las estrellas. und die einzigen lebewesen, die an diesem strand nichts auszusetzen haben..













an einem andern tage lasse ich mich von einem der vielen "reisebueros" zu einer boot- tour auf die benachbarten zapatillas inseln animieren. die inseln selbst sind gebuehrenpflichtig (weil naturschutzgebiet..), haben aber infrastrukturmaessig absolut nichts zu bieten ausser baeumen und palmen umringt vom blendend- schoenem milchig- tuerkisem meer. die einzigartigste farbe, die ich je gesehen habe. magisch!
wie sehr die tour operator um die kundschaft jedes einzelnen touristen buhlen, zeigte sich mir am naechsten tag bei einer oeffentlichen beschimpfung, die innert sekunden in wueste schlaegerei ausartete, bei der sich die typen mit stoecken die schaedel!! blutig einschlugen.
wie lukrativ das geschaeft mit meinesgleichen ist, weiss ich nicht, aber ich musste mit den eigenen augen wegschauen, wie pervers es werden kann.

eine andere unangenehme begleiterscheinung trage ich vom ersten augenblick an auf mir, als ich den panamaischen boden betrat: moskitostiche. gerade habe ich noch ueber meinen verlorenen kampf mit den bettlaeusen berichtet, muss ich mich schon mit anderem ungeziefer herumschlagen. schlagen und- vor allem- kratzen. bei diesem glueck warte ich nur noch auf die zeitgleiche attacke von bettlaeusen + moskitos in kombination. einer fuer alle, alle gegen mich..
mittlerweile kann ich auf mehr als eine woche panama zurueckblicken und meine erfahrungen lassen sich bestens an meinem koerper beschreiben und abzaehlen. mein blut muss sehr lecker sein, denn meine haut ist vom zehe bis zur stirn uebersaet mit frischen, eiternden stichen und alten kratzwunden.
die enttaeuschung ueber bocas faellt dadurch nur noch viel hoeher und vorallem schmerzvoller aus, als sie sonst schon ist.

ich muss weg von hier, ich muss fliehen- vor den moskitos, meinen zu hohen erwartungen an das land und vor der freude, die ich in panama nicht mehr zu finden glaube.
ich hab hier sogesehen nichts-- gesehen, aber trotzdem mehr als genug um morgen an die costaricanische grenze zu fahren um hiermit endgueltig abzuschliessen.
nachdem ich diese entscheidung unwiderruflich fuer mich abgesiegelt und noch bevor ich den ganzen frust in mich hinein gefressen hatte, liess ich mich von meiner kajuetenbett- nachbarin dazu ueberreden mit ihr nach boquete zu fahren. so viel zu meinem eisernen willen..!
tief in mir hatte ich die hoffnung an ein packendes panama nicht aufgegeben. und ich war gluecklich darueber. sehr. meine augen leuchteten wieder als wir im bus sassen, der uns unbedingt nach boquete mitnehmen wollte, aber seine route ganz und gar nicht in richtung boquete lag. wir willigten ein. weil wir keine andere wahl hatten.
noch ehe wir uns umsehen konnten, sassen wir drin. ein backpacker ist ohne seinen rucksack nichts weiter als ein haeufchen elend. und wenn er fest stellt, dass sein ganzes hab und gut gerade eben von geschaeftslaunischen busfahrern in irgendeinen bus verfrachtet wird, bleibt ihm keine andere wahl als dem hinterher zu rennen. aller diskussionen und verzweiflungen zum trotz gibt man sich unfreiwillig in die haende jenes chauffeurs, der spaeter als "streckenvermittler" seinen batzen provision vom naechsten kollegen kassieren wird, wenn er uns einmal in den richtigen bus uebergeben hat..
wir sassen also da, wussten die ganze zeit nicht was uns geschieht und brachen nach kurzem verbalem toben in ein angespanntes stillschweigen aus.
ploetzlich gelangte der bus an eine kreuzung und hielt an. der fahrer nahm unsere rucksaecke, verstaute sie in den andren bus und verwies uns gestikulierend in die gleiche richtung. diese vorkommnis kann ich mir nicht anders erklaeren, als dass es nur darum geht, eine route in moeglichst viele einzelfahrten auf zu splitten, um somit umso mehr fahrern eine muenze fuer das taegliche brot zu sichern.
deshalb muss ich fairnesshalber einraeumen, dass, abgesehen von ihrer art, fremdes gepaeck uebereilt und egoistisch verschwinden zu lassen, die meisten choferes nett und anstaendig sind und nichts schlechtes im schilde fuehren.

der weg ist das ziel. einmal mehr. fahrt ueber das waldreservat "fortuna" nahe boquete.

boquete liegt zwischen 900 und 1600 metern ueber meer. das grossdorf ist bekannt fuer seinen exklusiven kaffee, der limitiert in die ganze welt exportiert und dort fuer unsummen gehandelt wird. die kleinen, zumeist privaten kaffeebohnen- plantagen und der dicke wald praegen die gesamte landschaft ringsum, wohingegen es im kern unten zwar gemuetlich zu und her geht, leider aber nicht so beschaulich aussieht. viele amerikanische pensionaere haben sich hier angesiedelt- wegen der reinen hoehenluft, den guten und kurzen flugverbindungen mit den USA und wegen.. der natur! nun frage ich mich seit meiner ankunft, wo sich diese ganze natur verstecken mag, wenn doch alles in diesem riesigen unberuehrten wald ungezaehmt wild vor sich hin waechst und nicht wirklich betretbar ist..!? natur muss man doch erleben und nicht nur aus mehreren kilometern entfernung ansehen koennen!? so bleibt mir nichts als die erkenntnis, dass fuer die meisten amerikaner die definition von "natur" bei "hellgruen" anfaengt und bei "dunkelgruen" aufhoert. boquete selbst wird als das neue florida verheissen, ein neues amerikanisches hideaway fuer die generation "pensionsalter", denen lehman brothers keinen strich durch die rechnung gemacht hat.
die erste nacht verbringen wir in einem hostel- "einreissende bruchbude mit uebermaessiger haustierhaltung" wuerde dessen bezeichnung auf den punkt bringen- und schlafen auf je drei aufeinander gestapelten, in der mitte eingesackten matratzen, von denen wir stuendlich runter rollen.
deswegen machen wir uns am zweiten tag auf die suche nach etwas besserem und finden nach einem freundlichen hinweis eines amis das wahrscheinlich beste hostel der welt. so gepflegt, gross, schoen, ruhig und sauber, dass man sich selbst wie ein stoerefried darin vorkommt. ein wahres hostel mama. ich fuehle mich fast wie zu hause.
solche oasen haben bei mir den effekt, dass ich viel laenger in ihnen verweile, als ich es urspruenglich vor hatte. sie koennen das defizit der uninteressanten umgebung und der eigenen miesepetrigkeit im nu wettmachen und werden zum einladendsten zufluchtsort der reise, wenn's mal krumm laeuft. so wie bei mir im moment.
ich nehme mir diese ruhe um den beschwerdebrief an die fluggesellschaft zu schreiben. tagelang feile ich an ihm, bis er sich so liest, als waere er von einem panamaischen anwalt verfasst worden, lerne nebenbei dutzende spanische vokabeln aus dem rechtwesen, klopf mir am schluss selbst auf die schulter in der ueberzeugung, dass ich sie damit einschuechtern konnte und dass sie mir ohne mit der wimper zu zucken das geld rueckerstatten werden. ein enormer aufwand, tagelanges, unermuedliches feilen und perfektionieren. und dann: ein klick, alles weg. fuer immer. alles vergebens. die zeit, und, vor allem die nerven! ich gib endlich auf. werde ab sofort keinen einzigen gedanken daran verschwenden.

zwischen diesen verloren gegangenen zeilen und stunden hatte ich einige spaziergaenge ausserhalb des dorfzentrums unternommen, wollte diese natur entdecken, fuer die boquete bekannt ist. an einem sonnigen tag wollte ich auf der strasse durch den wald zu einer villa hoch spazieren, von der aus man einen atemberaubenden panoramablick auf das umland hatte. der bus brachte mich bis zu einer kreuzung, von der aus der weg zu fuss nur noch ca. 30 minuten haette sein sollen. so die worte des fahrers. an der kreuzung angekommen, bat ich ihn, mich noch bis zur naechste haltestelle mitzunehmen, und als ich feststellte, dass er bis zu dieser naechsten 15 minuten brauchte, bat ich ihn mich bis zu dieser villa zu fahren. es war nicht seine strecke, er haette schon lange kehren sollen, aber wie ich schon geschildert hatte, nehmen sie es hier nicht so genau mit den richtigen strecken. ob er auf dem rueckweg ins tal runter kommt, oder ob er auf der anderen seite sich runter laesst sei ihm nicht so wichtig, liess mich mein chauffeur mit seinem achselzucken wissen. nun, der bus brauchte ganze 45 minuten bis zum gipfel- fuer die gleiche distanz, die sie mir in 30 minuten fussmarsch zugetraut haetten...??!

es gruent stark in boquete. weil's mindestens so intensiv regnet.. dicke, aufziehende nebel- schwaden.



der ausflug war ein mal mehr ein enttaeuschendes unterfangen, die aussicht gruen, aber sehr unspektakulaer, der kaffee in der villa gefiltert, die israelis neben mir aber gesellig und so freundlich, mich auf ihren rollern runter ins dorf zu nehmen.
an einem andern tag nahm ich an einer kaffeedegustations- tour teil, die so aufschlussreich war wie eine weindegustation ("...alles eine frage des eigenen geschmacks..."), mit dem unterschied, dass man am schluss ohne beschwipst zu sein heim geschickt wird.

boquete ist nicht dieser malerische und in kuenstlerischer idylle eingebetteter ort, den mir der reisefuehrer versprochen hatte. es ist auch nicht der ort, der es als letzte station vermag mein bild ueber panama zu verschoenen. leider! denn ich hatte es bis zum schluss gehofft..

irgendiwe wohlueberlegt und ueberfaellig, gleichzeitig aber unorganisiert und emotionslos, begebe ich mich nach david, der provinzhauptstadt, zurueck, um von dort aus schnellst moeglich nach costa rica zu gelangen. alle busse fahren ohne umwege nach san josé. ich waege ab, ob ich doch nicht zuerst die halbinsel corcovado, gleich hinter panamas grenze, ansteuern soll. dies wuerde aber heissen, dass ich irgendwo umsteigen muesste. nein, auf keinen fall! keine buswechsel! sieben stunden friedlich durchfahren ist mir heute anstrengung genug..

san josé. es regnet. ich frage nach dem weg zu meinem hostel und man zeigt mir auf dem plan, dass es circa zehn cuadras sind. muessten circa 20 gehminuten sein. diese cuadras, haeuserbloecke, sind als distanz- vor allem aber als individuell berechenbare zeitangaben exakter als jede (innere) uhr eines latinos. auf sie ist eigentlich immer verlass!
mein ehrgeiz reicht heute aber nicht ein mal fuer diese laeppischen zwanzig minuten. ich schnappe mir ein taxi und fahre zu meinem hostel. es ist wie ein bunker, riesig, verwinkelt, mit einer bar auf der dachterrasse, einem pool im hof, mit fernsehgeraeten und pc's in jedem aufenthaltsraum. beeindruckt mich nicht. ich geh davon aus, dass man damit die wuensche der auffaellig grossen amerikanischen klientel befriedigen will.
am naechsten tag geh ich auf entdeckungstour durch die hauptstadt. zu entdecken gibt's aber nichts. auch nicht am dritten tag. so sehr ich mich auch bemuehe etwas interessantes aufzuspueren.
was fuer bilder hatte ich im kopf, wenn ich mir san josé in gedanken malte! san josé! diese silben toenen doch wie ein freudenschrei! wie karibik, sonne, lebensfreude, frauen mit bananen- gefuellten flechtkoerben auf den koepfen und rot angemalten lippen, in gelben baumwollkleidchen, auf herausgeputzten absatzschuhen an obstmaerkten quatschend und nach kokosoel duftend..
in was fuer einem verlogenem kinderbuch muss ich damals bloss geblaettert haben, dass ich mir san josé so verfaelscht eingebildet hatte??! oh mein gott! gaebe es eine rangliste fuer die unattraktivsten grossstaedte der welt, san josé waere die unangefochtene nummer eins! wie traurig so was sagen zu muessen, aber sogar seine sinnlosesten fuenf minuten im leben hier in dieser stadt zu verschwenden waere die reinste zeitverschwendung!
das einzige, das mich hier fasziniert, sind die ambulanten regenschirm- verkaeufer. es ist regenzeit. kaum ist der erste tropfen gefallen, stuermen sie alle auf ein mal auf die strassen und schreien um sich. legt sich der regen, werden sie unsichtbar, verschwinden von der bildflaeche, um beim naechsten sturm aus ihren unsichtbaren verstecken heraus zu huepfen. regenschirme- leider das einzige, das man in san josé in ueberfluss zu sehen bekommt!

man sagt ja, dass costa rica die schweiz lateinamerikas ist. dann muss es an der natur liegen. nichts wie raus aus der stadt! die vielfalt ist scheinbar enorm, ich weiss nicht, wo ich anfangen soll. zurueck in richtung corcovado, dem groessten naturschutzgebiet zentralamerikas? es heisst, ich muesste einen privat- park- aufseher anheuern, der dann tagelang mit mir dort herumwandern wuerde, mir diverse schlangen- und affengattungen erklaeren wuerde. alles muesste im vorfeld vorbereitet werden. dieses "keinen spielraum haben" gefaellt mir nebenbei bemerkt gar nicht. eine zwoelf stuendige busreise bis in den park hinein. obendrauf sehr kostspielig- dieser private park- ranger. aber ohne ihn ist's nicht machbar. es sei etwas fuer menschen, die in sich gehen wollen und einfach ruhe haben und abgeschiedenheit erleben wollen. spaetestens da klingelt's bei mir: nein, ich bin nicht auf der suche nach meinem wahren ich! ich will was sehen und erleben, ich brauch jetzt keine gott und die welt- selbstgespraeche! corcovado somit gestrichen!
einige stunden spaeter stehe ich im dorf fortuna, zu fusse des volcano arenal. dieser ist zwar immernoch aktiv, meistens aber in einer nebeldecke eingebettet, so dass man anzweifelt, dass er ueberhaupt existiert, geschweige denn lava ausspuckt. das oede doft selbst hat neben ein paar souvenir- laeden und restaurants nur KFC, mcdonald's und burger king zu bieten! nicht sehr schmuck..
wo's aber eine attraktion gibt, sind auch viele irrefuehrende exkursions- angebote vorzufinden, die sich letzten endes oft in nichts unterscheiden, als im geschwaetz und in der ueberredungs- kunst der jeweiligen anbieter. und dann gibt's noch solche insider- tipps, von denen man sich etwas exklusives erhofft. und wenn dann hinter vorgehaltener hand "er fuehrt touren, die eigentlich nicht zugelassen sind, weil es gefaehrlich.." faellt, steigt einem der adrenalinspiegel und man zuckt vor vorfreude wie ein kleines kind.
dies gleich vorweg: nach getaner vulkan- tour laesst sich der adrenalinspiegel bestens beim "dicke schlammschichten aus den wanderschuhen heraus waschen" auf den normalwert runterbringen..!
wir stampften also in bester pfadfinder- manier diesen wald herauf, unserem in schwarzem, knoechellangem ledermantel gekleideten guide (oder ist es doch keanu reeves aus der matrix..?!?) folgend, bis ploetzlich der eruptierenden arenal vor uns lag. rote feuerbaelle kullerten den hang runter. aber alles irgendwie sehr friedlich, in sicherer distanz zu uns schaulustigen. das schauspiel des feuerspuckers zu zurueckhaltend.
der rueckweg hatte es noch mehr in sich. es hatte zu regnen angefangen, die moskitos schwirrten umher und der waldboden war voellig durchtraenkt. schlamm bergauf war irgendwie noch ueberlistbar, schlamm bergab eine einzige vorprogammierte massenkaramobolage..!
im tal konnten wir uns in einem heisswasserfluss den dreck vom koerper waschen und danach- nach schwefel stinkend- zurueck ins hostel gehen. noch bevor es dazu kam, mussten wir uns auf die suche nach einem erwachsenen mann machen, der unserer gruppe "entflohen" war und nach eigenen angaben im wasserdampf die orientierung verloren hatte. als er wieder auftauchte und mit einer leeren flasche in den haenden so vor uns stand, waren wir uns sicher, dass es eher am weinnebel in seinem kopf gelegen haben muss, als an der imposanten natursauna.
so viel zu meiner suche nach dem heissen lava und einem entlaufenen besoffenen..

die weiterreise steht an. wo soll ich bloss hin?! schon wieder empfiehlt man mir den corcovado naturpark. und ich komme nochmals ins dilemma, ob's wirklich den rueckweg nicht wert waere, obwohl ich jetzt noch viel weiter davon entfernt bin.
als zweites bietet sich der naturpark tortuguero an: "crocodile- watching auf fluss- touren". hmm, lieber nach runzligen reptilien, als im corcovado nach sich selbst zu suchen! definitiv! und schon bin ich am bahnhof. es ist neun uhr morgens. ich hab den einzigen direktbus nach cariari verpasst und muss jetzt bis dorthin vier mal umsteigen.
in cariari angekommen, faengt meine bisher erste und groesste zerreissprobe an. vier uhr nachmittags, das letzte boot nach tortuguero hat den sumpf schon verlassen. laut reisefuehrer sollte es aber noch eins geben.. ich bin sauer auf mich selbst- warum hab ich mich auf den reisefuehrer verlassen? warum habe ich ueberhaupt einen noetig? warum hab ich ihn ueberhaupt aus dem hostel in panama city mitgenommen? ich war die laengste zeit bestens unterwegs ohne irgendeinen schimmer von meiner route zu haben. habe mir von fremden erzaehlen lassen, wo's was zu sehen und erleben gibt, bin tagaus, tagein mit 25 kilo auf dem ruecken vagabundiert, immer der nase und der laune nach, ohne modernes navigationssystem! aber seit ich diesen lonely planet in den haenden habe, bin ich nicht mehr selbststaendig, durch diese vielen, eigentlich nuetzlichen informationen, irgendwie unmuendig und komplett verloren. den einzigen verlass, den ich in den letzten fuenf monaten brauchte und hatte, war einzig der auf mich selbst! und der hatte mich nie im stich gelassen! jetzt draengen sich mir diese schwarzen buchstaben dazwischen und fuehren zu solcher niedergeschlagenheit! ich bin psychisch angeschlagen, koerperlich gestrauchelt und verzweifelt! mein wille ist gebrochen! wo sind diese ueberirdisch schoenen landschaften aus chile und diese anmutigen indios aus bolivien?! was zum teufel mach ich hier zwischen burger king und mcdonald's??!
ich versuche mich zusammen zu reissen, und komme zu schluss, dass ich keine weitere minute in cariari bleiben kann. dieser ort ist so was wie mein feind, der mich in diesem moment in die knie zwingt und mich vernichten will. ich steige ins taxi, das mir aber netterweise klar macht, dass ich von pavona aus auch kein boot finden werde. ist mir egal, einfach weg von hier! wo auch immer ich lande!
pavona ist weder ein dorf noch ein ort, es ist die trostloseste ecke auf diesem planeten! mir wird schwarz vor augen, und das nicht nur wegen der so frueh einbrechenden dunkelheit. der taxifahrer macht mich mit dem "park"- waerter (ein park?! das sind bestenfalls ein paar geerdete quadratmeter leblose vergessenheit!) bekannt, der mir sofort meine huette zeigt und mich einlaedt mit ihm ein nachtessen zu nehmen. ein netter alter herr, der schnell merkte, dass ich zur falschen zeit am falschen ort bin. und dass dieser ort nie der richtige fuer mich sein wird und es die richtige zeit fuer ihn nie geben wird. manchmal kommt's vor, dass hier privatpersonen abgeholt werden und das waere mein grosses glueck. vielleicht wuerde mich jemand dann mitnehmen, erzaehlt mir der alte mann und mustert mich bemitleidenswert. ich hatte mich aber nach diesen 30 minuten schon damit abgefunden, hier zu uebernachten und meinen frust und die verbittertheit auszuschlafen wie ein betrunkener seinen rausch.
kaum hatte ich mich mit dieser situation versoehnt, sah ich einen anderen mann am ufer dieses flusses. ich ging auf ihn zu, erklaerte ihm meine misslich lage und dass ich nach tortuguero will. nach tortuguero kann er mich heute nicht bringen, morgen wuerde es sich sicher machen lassen. kurze zeit spaeter sass ich in diesem elektro- boot, gluecklich dass dieser furchtbare tag eine so gute wendung genommen hat. obwohl mir nicht bewusst war, wo die reise jetzt hin ging. es war vollmond, die spazierfahrt in diesem flussdelta eine knappe stunde. wie lange ich denn zu bleiben denke, fragte mich der herr. "zwei, drei tage, keine ahnung!", und wo?, "irgendein passables hostel" murmelte ich. ich bin sein gast. solange ich will. er ist hoteldirektor. ich stellte klar, dass ich als backpacker gegen meine eigenen prinzipien verstosse und mir sein hotel sicherlich nicht fuer mehrere tage leisten koennte bzw. wuerde. in den armen dieses flussdeltas gaebe es aber nichts hostel- artiges, ausser man bringt mich morgen nach tortuguero. dort schon. aber das dorf moechte er keiner menschenseele zutrauen.
bei meiner ankunft konnte ich prompt ein riesiges zimmer beziehen, endlich duschen und richtig essen gehen bevor mir anschliessend erklaert wurde, dass alles, was ich mir hier genehmige- von den speisen bishin zu den ausfluegen- umsonst ist. ich war irgendwie immer noch perplex ueber meinen zustand und jetzt zusaetzlich noch peinlich beruehrt ueber die fuersorge, die mir dieser fremde mensch und die angestellten entgegen brachten. sie haben mich wie ein pflegekind aufgenommen und geben ihr bestes es wieder aufzupaeppeln- so naiv sich das auch anhoeren mag.
der naechte tag faengt um halb sechs in der frueh an. ich lande mit einem dutzend Ü60 in einem boot und wir kriegen einen experten- crash kurs in sachen lockrufe, paarungsschreie und platzhirsch- verhalten aus der faunawelt. ausserdem koennen wir ein paar mini- krokodile beobachten, die affen in den baeumen eher erahnen als wirklich sehen. der rest der fahrt drehte sich leider nur um voegel. um kleine und grosse voegel. um solche, die schoene stimmen haben und um solche, die talentfrei sind. um solche, die eine rote brust und um jene die eine gelbe haben. um schwangere und um solche, die es nur vortaeuschen zu sein..
den naechsten ausflug sage ich dankend ab. ich habe keinen jaegerinstinkt, um mit einer lupe auf kaefer- und ameisen- watching zu gehen, ich bin keine sachkundige, die diesen kriechergattungen auf den zahn fuehlen will. und da waer ich wieder beim gleichen problem, wie damals auf den galapagos inseln. ein mickriger, glitschiger regenwurm wird niemals mit einer grazioesen vicuña mithalten koennen! somit hab ich mit der flora und fauna des tortuguero nationalparks abgeschlossen.
am nachmittag krieg ich das angebot nach tortuguero gefahren zu werden. wird mir auf wunsch sofort organisiert. ich soll mich so lange aufhalten, wie ich will. mein privat- fahrer wartet bis ich alles gesehen habe..

rush hour auf der haupt- strasse in tortuguero.









ich steige aus, und erschrecke sebst ob meiner beobachtung und meinem empfinden. ich frage mich, ob mein wahrnehmungssinn nur noch alles negative filtriert und mir alles schlechte vor augen fuehrt. ich habe seit wochen nichts schoenes mehr gesehen, aber das hier, dieses dorf, ist wohl das haesslichste und gespenstischste, das ich auf meinen ganzen reisen bis jetzt gesehen habe. fuer so was gibt's kein passendes vokabular, das spielt in einer eigenen liga! zum wegschauen! es ist unbeschreiblich! und das hat nichts mit dem trostlosen pavona zu tun.. es leben hier zwar ein paar hundert menschen, aber es fehlen die seelen. gruselig! anders kann man's nicht umschreiben!

ja, so geht's am besten.. augen zu und durch! denn tortuguero ist tortura fuer die seele.





zwei uebernachtungen in einem luxushort mit allem komfort, aller freundlichkeit und gastfreundschft koennen mich nicht davon abhalten meinen rucksack zu packen und mich zu verabschieden.
ueber san josé gelange ich mit bus und schiff nach nicoya, eine halbinsel auf der pazifikseite dieses landes. mein ziel hoert sich an wie ein drei zentner schwerer sumokaempfer: montezuma. wenn ich bei dieser phonetischen einschaetzung so daneben liege wie bei san josé, dann muesste alles halb so schlimm bzw. schwer sein. hoffentlich. montezuma wurde mir besonders oft empfohlen- wegen seiner schoenen straende und der idyllischen umgebung.
nachdem ich mir beim letzten umsteigen einen platz in dem quillend ueberfuellten bus ergattern konnte, unterrichtete mich mein sitznachbar waehrend den darauffolgenden 90 minuten ueber das uebel seines landes, den fluch ueber montezuma, den unerbittlichen drogenkrieg, die nichts gutes bringenden touristen (im klartext: die hippies), seine erste frau, seine zweite frau, die frau seines nachbarn, sein rentner- dasein, den eier- ertrag seiner huehner und ueber die ueberproduktion von papaya. dazwischen warnte er mich abermals mich in acht zu nehmen und niemandem in montezuma zu trauen. nein, dieser herr ist sicher nicht der beste promoter von montezuma!

nach kurzer suche finde ich eine unterkunft abseits vom "zentrum", mitten im urwald. beim hinauflaufen knallen dir mangos von den baeumen auf den kopf, beim duschen glotzen einem die affen und die eichhoernchen aus dem dickicht runter. alles halb so wild.
montezuma ist unbeschreiblich unadrett. es ist irgendwie verlassen, vereinsamt. geistig verwahrlost. ungepflegt. herzlos. erschoepft. ausgeschoepft. montezuma hat keine farben. es ist ein einziger fahler graustich. wenn ueberhaupt. montezuma ist- schmeichelhaft gesagt- unansehnlich! voellig abgef***t! montezuma ist schwerer verdaulich als der anblick auf einen sumo- ringer! in diesem sinne hat sich meine phonetische interpretation leider bewahrheitet. montezuma ist aber eine perle- wenn man es mit tortuguero vergleichen will! (weil sich hier der himmel im meer spiegelt und nicht vom schlamm-braunen wasser verschluckt wird).
es ist ein rastafari- refugium fuer einheimische chicos und us- amerikanische chicks. alles gleichgueltig und zugedroehnt. ein dahinvegitieren ad absurdum! das ganze dorf! im kollektiv!

nun, jedem das seine! ich such jetzt einen der schoenen straende auf. ich laufe an einem, zwei, landabschnitten mit wasserzugang vorbei, laufe weiter, suche die schoenen sandwiesen. nichts. wo die straende sind, frage ich eine frau, die mir entgegen kommt. in der anderen richtung, zeigt sie mir. hmm, wie konnte ich sie nur uebersehen haben!!? also, alles wieder zurueck.. aber.. immernoch kein strand in sicht.. ich sehe, wie mich die gleiche frau wieder einholt und hoere von ihr, dass ich genau vor dem stehe, was ich gesucht hatte.
jeder campingplatz sieht einladender aus! beach- hopping abgehakt.. danach suchte ich eine stunde lang einen schoenen, grossen wasserfall.. auch kein happy ending, das keiner naeheren erklaerung bedarf..
mein wohlueberlegtes und hoffnungserfuelltes vorhaben, nordwaerts der kueste entlang weiter zu ziehen nach samara oder tamarindo, begrub ich dann, als man mir sagte, dass tamarindo besser unter "tamagringo" bekannt ist.. mehr muss ich dazu nicht sagen.. das war's! mir reicht's!

montezuma's traumstraende: baden im schlamm.















ich frage mich, was die touristen an costa rica so sehr lieben.. die tatsache, dass sie hier definitiv keine sprachprobleme haben?! dass sie schamlos in ihren anstoessig ekligen pinken und grassgruenen crocs durch die gegend trampeln koennen? dass weniges auf spanisch, vieles aber auf englisch erledigt wird?! ich weiss es nicht! bin ich denn unfaehig die schoenheit dieses landes wahr zu nehmen? ich habe taeglich danach gesucht, aber kaum was gefunden.
als ich am nachmittag von meinem spaziergang ins hostel komme, muss ich fest stellen, dass man mir die kamera, den i-pod und bargeld aus dem rucksack gestohlen hatte. zum glueck war der dieb so sehr in eile, dass er den dickeren geldbuendel uebersehen hatte und sich auch nicht um die karten kuemmern konnte. ich zitterte vor wut am ganzen koerper. wut ueber mich selbst. wie konnte ich bloss dem netten fremden in meinem zimmer vertrauen?!! ich will jetzt noch anzeige erstatten (aus versicherungs- zwecken) und bin auf autostopp angewiesen, da um diese zeit weder busse noch taxis nach cóbano fahren. keine kluge entscheidung, aber ich habe keine wahl. ausrauben kann man mich sowieso nicht mehr..
der polizeiposten war schon (vorzeitig) geschlossen, was mich nicht davon abhielt den einen beamten dazu zu ueberreden mich rein zu lassen. nach getaner papier- arbeit erwischte ich doch noch einen bus nach montezuma. von da an wiegte ich mich in der erleichterung morgen die grenzen dieses landes passiert zu haben. ich will mir gar nicht vorstellen, was ich jetzt ohne meinen pass machen wuerde. wochenlang darauf warten- hier in costa rica. ich hatte ein unglaubliches glueck! bei all dem pech..
der erste bus wird mich am naechsten morgen nach liberia bringen. diese stadt liegt im nordwesten, circa 80 kilometer von der grenze zu nicaragua. liberia ist, ich wuerde sagen, eine kleine grosstadt, mit einem nicht zu uebersehbahren angebot an beruehmten fast food- ketten.
erschoepft und enttaeuscht blicke ich auf costa rica zurueck. und stelle entsetzt fest, dass ihr groesster kulturschatz einer burger king- monokultur am weichen ist.

ueber nicaragua weiss ich so gut wie nichts. ausser dass es einen riesigen see hat, in dem eine insel namens ometepe liegt, auf der wiederum zwei vulkane sich breit gemacht haben. ometepe hoert sich fuer mich nach einer guten fee aus einem maerchen an, nicaragua hingegen eher nach einem rebell oder einer tickenden zeitbombe. ich weiss nicht, warum ich mir so viele gedanken ueber den klang der ortschaften mache. vielleicht, weil sie mir so fremd sind, weil ich noch nie zuvor davon gehoert hatte, vielleicht, weil ich noch nie zuvor die passende fotografie zum klangbild gesehen hatte..
und doch muss ich mich zaehmen, nicht zu viel zu erwarten. damit die enttaeuschung umso geringer ausfaellt, sollte alles so bleiben, wie es in panama und costa rica gewesen ist.

eine letzte anekdote zum schluss:
irgendwo zwischen liberia und nicaragua machte mein bus einen halt. ich nutzte die gelegenheit, schnell eine toilette aufzusuchen. von anfang an skeptisch, machte ich den fahrer drei mal darauf aufmerksam, dass ich sofort wieder zurueck kommen wuerde. er schwor, auf mich zu warten. nur nicht wie lange..! haette mir auch egal sein koennen, wenn mein rucksack nicht in seinem bus gewesen waere. wie schon erwaehnt, ein mochilero ist ohne seine mochila ein nichts.
wenige sekunden nachdem ich aus dem bus gestiegen bin, hoerte ich ein motoren- rattern. verflucht! der hat mich doch vergessen! ich, die einzige gringa weit und breit, springe in weisser kleidung und mit blondem schopf wedelnd, mit den armen flatternd und señooor!, señoooor!! schreiend durch einen park und ueber strassen, meinem rucksack hinterher, bis sich alles beunruhigte volk nach mir dreht, die kuriositaet der lage einsieht und mit lauten pfiffen den busfahrer stoppt, der mir entschuldigend- verstoert seine tuere zu meinem rucksack und nach nicaragua aufmacht.

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