Sonntag, 19. April 2009

die wueste lebt

salta, la bella. vielversprechend. warum also nicht einen zwischenhalt im norden von argentinien einlegen, bevor's ab in die chilenischen wueste geht?

mein zweiter 24- stunden- bustrip. hoert sich lang an, ist aber halb so schlimm, zumal die langstreckenbusse bis jetzt alle recht komfortabel waren und die zeit auch einigermassen schnell vergeht. man schafft es vielleicht sechs stunden zu schlafen und die restlichen 18 stunden verbringt man damit es zumindest zu versuchen- was bei konstanten gefuehlten dreizehn grad im bus nicht gerade leicht ist.

jedes mal, wenn ich mich in einen bus setze, muss ich an unsere "eingeengten" schweizer streckenverhaeltnisse denken und wie es fuer uns fast unvorstellbar ist, einen bus oder zug zu nehmen, wenn man ins ausland reist. denn wer faehrt schon fuenf stunden lang von zuerich nach muenchen wenn er in einer stunde mit dem flieger dort ist? hat man die schweiz erstmal verlassen, kommt sie einem nicht groesser als ein staubkorn vor. hier ist eine 24- stuendige reise fast schon ein klaks- man gewoehnt sich schneller dran als man glauben wuerde. ausserdem hat es den grossen vorteil, dass man schnell neue leute kennen lernt.

da gibt es eigentlich zwei verschiedene arten von "kennenlernen". die erste ist oft mit viel pech und sich anstrengen hoeflich zu bleiben verbunden, die zweite mit viel erleben und spass haben.

mein sitznachbar: eine ukulele und ein lennon-song (ja, genau der song..!), beide vor- und getragen von einem netten, aber etwas verwirrten.. wie soll ich's sagen?.. american hippie. aber leichtes spiel fuer mich zum glueck. als er bemerkt hat, dass ich keine gott und die welt- konversationen mit ihm pflegen wollte, hat er sich bei der naechsten WC-pause einen tetrapack (!) wein gekauft und ist dann zufrieden in seine eigene sphaeren eingetaucht. nur nicht zu verstaendnisvoll und nett sein, sonst kann man sich alles moegliche einbrocken- das hab ich seit den zwei iguassu- franzosen gelernt. und es hat funktioniert. das glueck lag diesmal auf meiner seite, bzw. es sass einen meter rechts vor mir: zwei nette, nicht aufdringliche oder auf der suche nach sich selbst deutsche. franco und juan. (oder doch frank und jan...?)

nachdem unser lieber hippie sich entschieden hatte uns zu verlassen und seinen eigenen weg zu gehen, haben wir uns zu dritt ein auto gemietet und die region jujuy rund um salta erkundet. das heisst, dass ich drei tage lang herumchauffiert wurde (wer laesst schon eine frau freiwillig ans steuer?) und mich von morgens bis abends mit und wegen franco und juan krumm gelacht habe. ich glueckliche!

die erste nacht im freien... weiss jemand, wie kalt es in der argentinischen pampa sein kann in kurzen hosen und mit einem duennen strandtuch bekleidet im auto zu uebernachten? da waermt auch der anblick des klarsten sternenhimmels nicht ums herz und die kalten fuesse. ich weiss jetzt ausserdem auch, wie fest man seinen hals in einem VW-GOL (die argentinische ausgabe des golfs) -ruecksitz in den nacken zurueckschrauben kann, bis der ganze oberkoerper taub (vor schmerzen) ist...

aber das alles hat sich gelohnt. die kulisse: kilometerlange huegellandschaften mit vertikal angeordneten verschiedenen farbabschnitten. alles wie berechnend angepinselt in allen erdtoenen.

franco und juan wollen hoch hinaus.
















und dann der hoehepunkt des tages, der eigentlich nur ein kurzer wc-stopp haette sein sollen: wir sind in purmamarca. dieses ganze doerfli ist eingebettet in solchen farbigen huegeln, inklusive dem bekanntesten unter ihnen, dem cerro de los siete colores, auf dessen suche wir uns von anfang an gamacht hatten. und wieder mal stand ich da, eine mir selbst peinliche touristin, und schoss wie wild drauf los bis die speicherkarte resignierte. alles "perfekt", wie auf der postkarte. (ich muss gestehen, dass ich angefangen habe mich nach diesem muster zu orientieren, da ich die ganze zeit schon ohne reisefuehrer unterwegs bin. ist keine schlechte methode).


ist er das, der sieben- farbige huegel? ich weiss es nicht mehr.. alle waren so umwerfend schoen!



ich wurde darin auch schnell bestaetigt, als wir in der naechsten ortschaft cachi ankamen. im reisefuehrer angepriesen als... ich weiss es gar nicht mehr... jedenfalls angepriesen und dringend empfohlen. es war frueher nachmittag, als wir von purmamarca aus in seine richtung aufbrachen. auf der strassenkarte laeppische 50 kilometer von salta entfernt. jaaaaaaaaaa, NEIN......!!!
wir waren sieben stunden unterwegs! das kommt mir doch alles brasilianisch vor!?

die serpentinenfahrt hatte es in sich- sie war das eigentliche ziel unserer reise. denn cachi selbst war nett, aber nichts spezielles.

riesiges gefaelle- dem abgrund mal links mal rechts und den wolken und dem himmel gleich ganz um sich herum naeher als der lieben mutter erde... was habe ich fuer angstatemzuege schlucken muessen! und das, obwohl mir franco auf seine sehr ehrliche und aufrichtige art vergewissert hat, dass wir nicht abstuerzen werden. nicht wegen meiner nichtigkeit, sondern weil er an seinem eigenen ueberleben mehr interesse hat als an allem anderem.
ich zittere- meine gesichtsmuskeln im gleichen eingefrorenem angstzustand wie der rest des koerpers...

irgendwie hatten wir es dann doch ueberlebt.
naechster tag. das fruehstueck die groeste freude fuer mich. (oder war ich einfach nur uebergluecklich, dass ich noch am leben war?) echtes birchermuesli. wow! so ausser mir, dass ich gleich zwei portionen bestellen musste. in so simple dinge kann man sich auf reisen neu verlieben, denn sofern man sich nicht tagtaeglich selbst versorgt, wird man auf busfahrten und in hostels mit schwammigem, fast schon durchsichtig weissem, pappe-aenlichem brot mit ein bisschen butter und marmelade abgefertigt.

des himmels grelles blau passt irgendwie nicht in diese sanften naturtoene.





fuer die stadt salta selbst blieben und leider nur wenige stunden, die ich in der einkaufsstrasse herumschlendernd vergeudet habe (einfach nur zu muede fuer noch mehr sehenswuerdigkeiten..).
beim rueckweg am abend bin ich ueber die wahrscheinlich schoenste kathedrale, die ich je gesehen habe und sehen werde, gestolpert. mir kam es vor, als haette ich sie eine halbe stunde angestarrt und fotografiert. ich weiss schon..! schon wieder! ich war aber unglaublich beeindruckt von so viel warmem pastellrosa! so sehr, dass ich am naechsten morgen um 5.30 uhr (der bus war schon um sieben uhr, deswegen die eile) hingehen wollte, um fotos bei tageslicht zu machen. mein fruehes aufstehen war vergebens, denn um 6.30 uhr war es immer noch dunkel. so eine schande!)

der abschied von salta und der region jujuy nahte schon. wir sassen im bus, freuten uns auf chile- und dann, nichtsahnend, uebertraf die busfensterlandschaft all die bisher gesehenen. jeder pesos des zu teuer bezahlten tickets war mit dem ersten augenaufschlag schon berechtigt. nicht nur farbige huegel in huelle und fuelle, sondern auch noch bunte, harmonisch wie musikstuecke komponierte taeler. die wolken und der nebel gleich nebenan. alles noch viel oppulenter und ueberwaeltigender, als man es in den tagen zuvor gesehen hatte.
was soll ich sagen? wie vorallem? mit beiden kameras bemueht, das einzufangen, was das auge sieht.















ist und bleibt eine schwierige angelegenheit, weil man solche momente immer staerker erlebt, als man sie eben nur sieht. deshalb koennen diese fotos meine beschreibungen zwar besser als worte wiedergeben, aber nie so lebendig und emotional, wie ich das in jenem augenblick empfinde.
wir waren acht stunden unterwegs, sieben davon waren "wow!". und viele davon sehr kalt. denn die klimaanlage gibt auch auf 5000 metern ueber meer ihr bestes. alle bibbern, der chauffeur hat weder einsehen noch erbarmen.
ihm reflektiert die wuestensonne wahrscheinlich direkt ins gesicht- wir sind im trockensten teil der welt angekommen. in der atacama- wueste.

unser ukulele-freund begruesst uns schon am dorfeingang. die erste fata morgana..?
nein, definitiv keine fata morgana! eher wie eine kalte dusche- wie das ganze "dorf".
beim hineinlaufen fragt man sich 'was mach ich hier?'. ich will hier nicht rein, und erst gar nicht hier bleiben!

san pedro de atacama ist bekannt als ein "funktionsort", von dem aus die meisten backpacker in richtung uyuni in bolivien aufbrechen. mit mehr als das kann es sich eigentlich auch nicht schmuecken, niemand kommt hierher weil es in irgendeiner form schoen oder interessant ist. 2000 einwohner, halb so viele hunde, reise- agenturen und internetcafes. das ist's.

ich wollte somit auch nicht laenger als zwei bis drei naechte bleiben.
der erste schock war aber schnell verdaut. ich blieb sieben naechte... einerseits aus traegheit, hauptsaechlich aber wegen der wueste selbst.

atacama. der trockenste flecken der welt. rundherum nur fuenf und sechs- tausender. liebe auf den zweiten blick. ich lauf den ganzen tag in fussballshorts, flip- flops und einer dicken winterjacke herum, mit einer tasse coca- tee in der hand, von einer agentur bis zum naechsten laedeli und zurueck zum hostel, ohne dass ich merkwuerdig auffalle. wem wuerde so viel unbekuemmertheit nicht gefallen?

die erste nacht nach der ankunft war sehr kurz. der wecker war um drei uhr gestellt, die erste tour schon um vier uhr morgens. die geysire seien im morgengrauen am aktivsten und attraktivsten. was fuer ein reinfall aber! alle enttaeuscht! das hat man sich immenser vorgestellt!
abhacken und vergessen! die tour ging weiter in ein "typisches doerfchen". den touristen soll das hiesige alltagsleben nahe gebracht werden. wir sind gespannt, denn langweiliger als die geysire kann es wohl nicht werden.

dann ploetzlich: eine oase aus dem nichts heraus. einfach so! in einem tal. alles gruen. ein fluss. rundum alles karg. die wolken haengen ueber den huegelspitzen. fast in reichweite. der schatten ueberdeckt die halbe szenerie. die lamas weiden friedlich. alles so surreal.
elizabet im wunderland! ist das jetzt die erste fata morgana?

die "puritimi"- baeder. die wolke zieht ein paar wenige meter ueber dieser oase einen kalten schatten.

im dorf angekommen. hmm..., wo ist denn das dorf? ach ja, die vier haeuser und das baño público (oeffentliches wc). und das holzkreuz am eingang zum dorf.
ok wir haben's geschnallt... der tourismus ist offensichtlich die einzige einnahmequelle eines jeden 20- seelen- doerfchens hier in der wueste und deshalb halten alle tour-busse obligatorisch in ihnen. obwohl es hier rein gar nichts zu sehen gibt.
wir bestaunen also die paar lehmsteine, das viele sand rundherum und essen das, was wir gerade auf seinen allen vieren grasend fotografiert haben. delizioes! so zart! sie schmecken so umwerfend wie sie aussehen!
die geysire sind schon lang vergessen, hier gibt es lamas und wolken- beide zum greifen nah.

eine wolken- fahrt auf irdischen wegen.









am mitttag waren wir wieder im hostel. erst mittag, aber schon ein ganzer tag hinter uns. an der reception steht der arme kerl und offeriert uns einen weiteren ausflug zum schnaeppchenpreis an, weil er sich bei einem kunden um die uhrzeit verplappert hatte, dieser wiederum zu spaet erschienen war und deshalb anspruch auf eine privattour hat. unser receptionist musste das alles aus eigener tasche zahlen, weshalb er bemitleidenswert ueberall rumfragte, ob noch jemand mitkommen wuerde.

in dieser stille liegt mehr als nur magie und zauber.









zwei stunden spaeter sass ich also schon wieder in einem 4x4. ab zu den lagunas altiplánicas. weitere fuenf stunden staunen. die fahrt war wie ein wettrennen mit den wolken, die man gleich ueber dem kopf oder links und rechts vom jeep zu fuehlen glaubte. ich kannte wolken bis dahin nur als regenbringer, aber hier auf ueber 4300 metern ueber meer, wo es keine baeume oder andere lebendige und landschaftspraegende objekte gibt, hauchen sie der wueste alle schoenheit und surrealitaet ein.
es ist wie bei "malen nach zahlen". so perfekt sehen diese altiplanischen lagunen aus. als ob jede welle, jeder laengenzentimeter des ufers, jeder einzelne stein und jedes graesschen so abgegrenzt in dieses ganze reingemalt wurden. die kitschigste ruhe, die ich je gesehen. magisch! die zeit steht still! die ueppigsten naturtoene, die ich zuvor noch niergends so gesehen habe. nein, auch nicht in salta. oben am himmel drehen die flamingos ihre runden und unten auf der erde rennen die vicuñas (nicht domestizierte lamas) grazioes in ihren eigenen staubwolken vor sich her.


eine aufnahme, von der ich nicht genug bekommen kann. vicuñas in freier wildbahn.




das war zu viel des guten, irgendwie. ich musste mich nach so viel eindruecken zwei tage lang erholen. hab die genutzt um meine mittlerweile ueber 3500 fotos zu ordnen und ins netz zu stellen, bevor ich nach bolivien gehe. denn auf bolivien stelle ich mich gleich ein wie auf rio de janeiro. mindestens einmal ausgeraubt zu werden, damit soll man schon rechnen.

am vierten tag das highlight. das herumdoesen und taeglich den hunden und katzen zuschauen, wie sie sich um punkt zwoelf auf die strasse schmeissen und ihren mittagsschalf abhalten, kann einen schon sehr muede machen. mir wurde langweilig, ich wollte wieder was erleben.
die beste tour sei die teuerste. soll ich's glauben? oder ist's wieder mal ein billiger verkaufstrick, der mich teuer zu stehen kommt? ich hatte es riskiert und die agentur fuer einmal recht gehabt.

salar de taca. kaum ein backpacker kriegt es zu sehen- einerseits aus budgetgruenden, andererseits weil jeder direkt den famosen salar de uyuni in bolivien anpeilt.
es ist wieder einmal frueher morgen, wir brechen auf. kurze zeit spaeter: alles schneebedeckt, der himmel stahlblau, die lamas posieren mit den fohlen fuer uns neben der autostrasse, von irgendwo her badeenten-gelbe felder zu sehen, wir bauen schneemaenner und essen toblerone zum fruehstueck.

es folgte ein tag in einer anderen welt. bizarre felsformationen, lagunen, in denen sich der himmel, die berge, ueberhaupt die ganze flora und fauna spiegelte, gruen-violett-gelbe oasen, flamengo und vicuña- wettrennen im jeep...















und hier moechte ich schon aufhoeren mit dem versuch die atacama zu beschreiben, denn mein wortschatz ist beaechtlich arm an superlativen, die in einer annaehernden art und weise mein empfinden und die scheonheit der landschaft wiedergeben koennte. sie koennte nicht karger und lebendiger zugleich sein. da ist es fast schon laecherlich die aussagekraft eines "atemberaubend", "traumhaft", "hinreissend" oder "ueberwaeltigend" zu benutzen. mir bleiben einzig die fotos, die ansatzweise das ausmass dieser naturdimensionen festhalten koennen. aber leider sind auch sie nur statische momentaufnahmen, die die emotionen nicht wiedergeben koennen, wenn man aus einer duene herausfaehrt und das ganze wuestenleben wie eine fata morgana vorueberziehen sieht. ein traum! wer weckt mich? das hier ist das paradies! meine sinne sind betaeubt!

nein, hier war dali auch nicht am werk.










da gibt es dann noch eine letzte sache, die man sich nie und nimmer in der atacama entgehen lassen darf. der ort ist ja schliesslich bekannt dafuer, dass die ESA von hier aus nach neuen galaxien, monden und anderem hocus-pocus ausschau haelt. einer der klarsten himmel der welt. muss ich sehn! ab zum franzosen nur sechs kilometer ausserhalb von san pedro. dieser typ- ein astrologe von beruf und aus leidenschaft- hat sich mit seiner frau sein eigenes universum unter den sternen gebaut. ein haeuschen, ein garten und viel himmel. andere haben in ihrem garten zwerge, er stellt sich ein dutzend teleskope rein. herrlich!!

ich sehe die milchstrasse von blossem auge! in ihrer vollen laenge und breite. sternenklar. im wahrsten sinne des wortes. und als ob das nicht genug waere, beobachten wir durch das teleskop den saturn samt seinen ringen. (oder ist es doch nur ein aufkleber auf der linse..?). ein himmel voller sterne und galaxien von blossem auge sichtbar und ein laserpointer, mit dem uns das paerchen auf jeden beliebigen stern deutet und den auch noch beim namen kennt.
luke skywalker wuerde platzen vor neid! der rosarote strahl scheint die sterne bis zur erde herunter zu holen. absolut faszinierend!
die suedliche erdhalbkugel dreht sich. ich kann alles sehen. oder ist mir schon schwindlig vor lauter staunen?

die atacama wueste. kein fauler zauber. alles reine magie! eine eigene galaxie!

Freitag, 27. März 2009

die iguassu faelle à la française

ich bin auf der insel. auf ilha grande. auf der karte einen katzensprung von rio entfernt, in brasilianische zeitwaehrung umgerechnet aber fast eine ganze tagesreise.
am vormittag abgefahren, bei dunkelheit angekommen. schnell auf hostelsuche, keine zeit verlieren, denn mit mir sind noch 100 andere auf dem schiff gewesen, die jetzt das gleiche wollen wie ich. ich sehnte mich jetzt nach dem was ich die ganze zeit gemieden hatte und nicht ausstehen konnte: dunkle mehrbettzimmer ohne natuerliches licht. jetzt wollte ich nur so ein zimmer und ein bett. nichts mehr. am liebsten zwei tage und naechte durchschlafen und dann die reise fortsetzen. denn mehr als fuenf bis sechs stunden schlaf lagen in den schwuelen und lauten rio-naechten zwei wochen lang nicht drin.

die erste unterkunft sah eher nach einem restaurant- provisorium mit plastik- gartenmoebeln aus. unschoen, aber dunkel und ruhig. ich konnte ausschlafen.
bei den zwei darauffolgenden naechten hatte ich die wahl zwischen einem ventilator direkt ueber meinem kopf oder einem unteren etagenbett, das mich jedes der 50 grad celsius zimmertemperatur haette viel erdrueckender spueren lassen. die wahl fiel schnell auf den traktor- laerm ueber dem kopf. und wurde so schnell auch wieder bereut, als ich mir beim morgentlichen strecken den halben arm in den metallfluegeln verfing...


die freude und das grinsen werden mir noch vergehen...







leider hatte ich abgesehen vom (eingebildeten) erholungsfaktor auf der insel mit dem rest ein bisschen pech gehabt. das erste mal seit ich auf reisen bin hatte ich zwei tage hintereinander regenwetter. da koennen die romantischsten straende, fuer die die insel bekannt ist, noch so schoen sein- bei dickstem nebel sah alles gleich grau und kalt aus.
ich habe es aber nicht versaeumt, mir dennoch zwei ausfluege aufschwaetzen zu lassen, die erstens (so wie ich es mir von rio gewohnt bin) ueberteuert waren und zweitens ins sprichwoertliche wasser fielen.

drei naechte und drei kilo glacé spaeter (wetterfrust etwa..?) stand ich wieder in rio, um dort den bus nach foz do iguaçu zu nehmen. mein erster 24 stunden bustrip. zu den iguassu- faellen.


keine schwarz-weiss- aufnahme. so sieht "pech haben" auf ilha grande aus.




der ganze aufenthalt begann und endete als eine studienreise ueber das verhalten zweier 30- jaehriger je suis si beau- franzmaenner. ein heidenspass fuer mich am anfang, der nach drei tagen aber in einer mehr oder weniger nervigen angelegenheit endete.

ich brockte mir die ganze begegnung selbst ein, als ich einen von ihnen am busbahnhof fragte, ob er auf meinen rucksack aufpassen koennte, solange ich mir was zum trinken hole. mais bien sûr! das war der beginn unserer kurzen freundschaft. die naechsten 22 stunden waren ruhig (und vor allem lang). ich glaubte mich in abgesicherter gesellschaft mit einem brasilianer und peruaner, die vor mir sassen und wie zwei schulmaedchen auf klassenfahrt die ganze zeit lang kicherten und tuschelten. ein nettes paerchen. ich hatte zwei freundinnen gefunden. aber nix da! ab der 23. stunde setzte sich der eine franzose neben mich auf den inzwischen frei gewordenen sitz und begann sein generve mit einem kompliment natuerlich- wie es sich fuer einen gentilhomme français gehoert. ich weiss, dass ich schoene haende habe, mais maintenant dégage, s'il te plaît! stattdessen schuettete er meinen mueden kopf mit fragen und selbstinformation zu.

beim aussteigen hatte ich mein anderes paerchen aus den augen verloren und stand dann da mit den zwei huebschen.
40 minuten spaeter waren wir schon im hostel. alles gut gegangen. dann ploetzlich doch noch eifer. denn als kultivierter franzose will man nichts verpassen und deshalb gleich zu den faellen aufbrechen. ein hin und her. ich warte. bin muede, stehe aber schon bereit. warte. frage nach, ob heute noch was draus wird. man braeuchte nur noch einen augenblick... ok.
200 augenblicke spaeter. man hat sich entschlossen, doch alles auf morgen zu verschieben, car on est trop fatigué et on veut prendre des belles photos et cetera blabla... und das licht sei morgen sowieso besser dafuer geeignet.
bon alors! mir soll´s recht sein.
morgen also, on va se lever très tôt, denn man will um 8.30 spaetestens aufbrechen. man wuerde mich wecken. mir auch recht!
der naechste tag. ich stehe puenktlich da. ohne weckservice. warte. es ist 11.00 uhr. halb so schlimm, ich konnte zwei ein halb stunden herumdoesen. mein lieblingszeitvertreib.


hier blickt man auf die argentin- ische plattform (ueber dem wasserfall in der bildmitte).




am mittag waren wir endlich dort. es folgten fuenf stunden iguassu-faelle auf der brasilianischen seite. auf franzoesisch gesagt: fuenf stunden lang posen, sich fotografieren lassen, laufen, sich unwiderstehlich finden, posen, laufen, frauen anmachen- (oh pardon! die franzosen haben es nicht noetig frauen anzumachen. sie werden angemacht), 'c'est genial' saeufzen, jede ameise- bevor man sie zertrampelt- und jeden abfalleimer in hoechst kuenstlerisch franzoesischer haltung fotografieren. und sich selbst natuerlich nicht vergessen.
n'oubliez jamais: die welt dreht sich um den franzosen und nicht umgekehrt!

aufnahme von der brasilianischen seite.
















ich weiss gar nicht, was wir dort so lange gemacht haben, denn die brasilianische seite hat eine einzige grosse plattform neben der sich zwei faelle ergiessen und der rest des parks besteht mehr oder weniger aus einem leichten wanderweg mit panoramasicht. alles in allem ein schoener spazierausflug, aber nichts, was mich gerade umgehauen hat.
ich bin gespannt auf die argentinische seite, von der alle sagen, dass sie viel spektakulaerer sei.


noch mehr wasser... und faelle...










aber jetzt zuerst zu abend essen. ich hab hunger. und lust auf einen saftigen burger. quoi!? tu veux prendre un burger? oh, oh! so eine kostveraechterin! ça ne va pas, alors! so was kann ich in europa essen, aber doch nicht hier! meine zwei poupées françaises wollen sehen, was die haute cuisine brésilienne zu bieten hat. bloss wo? das hostel ist nicht im zentrum, rundum gibt's viel rien du tout. finalement, on a eu une dégustation de la haute cuisine de la cantine.
uebrigens- ich liess mir meinen burger-appetit nach dem dîner auch nicht nehmen!

die brasi- lianische plattform.











den rest des abends verbrachte ich damit, mich mit den girls anzufreunden, die sich nicht so schnell von den galanten anmachversuchen der gentilhommes beeindrucken liessen.
ok! es war nur ein einziges maedchen, die diesen weitblick besass und diese einfaeltigkeit erkannte. traurig, aber wahr!
ich hatte somit aber meine erste verbuendete. eine belgierin.
spaet abends, die zwei feinen um kein noch so dumpfes vorurteil hervorzugraben verlegen, stichelten naiv, aber alles im subtilen, moechte-gern-provozieren-und-dabei-schleimig-wie-eine-nacktschnecke-bleiben- stil.
und dazu jedesmal aufs neue bemueht, einen noch draufzusetzen, wenn sie mit so viel indiskreter schlagfertigkeit und ehrlichkeit von unserer seite kommend nicht zurecht kamen.
erklaert, weshalb sie sich fuer den naechsten tag neue beste freundinnen suchten, denen sie die einzig wahre art du vivre, être et du blabla vorleben konnten.sie hatten sich alle muehe gegeben der frauenwelt zu demonstrieren, was ein echter François, pardon, Français ist. aber die zeiten der gepuderten gesichter und peruecken des louis 14 sind seit drei jahrhunderten passé, c'est vrai? ou pas? si? je ne sais plus..! die franzoesischen maenner scheinen sich immernoch in der rolle eines musketiers zu glauben, der den hofdamen das blaue vom himmel runterpurzeln und sie mit seinen verschwenderischen ausdruecken und philosophien zuschuetten muss, bis sie ihm wegen seiner (un)natuerlichkeit und intelligenz erliegen.
wie traumatisiert muessen diese franzosen doch alle sein? les pobres! wieso sagt ihnen niemand, dass diese epoche vorbei ist!?

ich warte auf die naechste franzoesische revolution!!


auf boots- touren laesst sich alles aus der andren perspektive bestaunen.














oh-là-là, da bin ich doch ein wenig vom weg abgekommen.
also: die argentinische iguassu- seite ist mit weit mehr plattformen, bruecken, spazierwegen und vor allem faellen ausgestattet als es die brasilianische ist. man ist diesen wassermassen teilweise ziemlich nah, aber sie scheinen mir kleiner, als ich es erwartet hatte. und nach zwei tagen hatte ich mich auch sattgesehen an so viel plaetscherndem nass.















alles in allem waren die iguassu- faelle einen besuch wert, aber ich bin kein grosser fan geworden. ich hatte mir alles immenser und dramatischer vorgestellt. es war schoen und interessant, jedoch hat das gewisse etwas gefehlt.
mein schlusswort: bitte die franzosen- analyse nicht zu ernst nehmen... merci!

Donnerstag, 19. März 2009

rio de janeiro: suesses und saures

rio de janeiro. an salvador fuehrte schon wieder kein weg vorbei. aber nach meinem letzten flughafen- schreck hatte ich keine lust nochmals mir das leben schwierig zu machen. ich wollte einfach gleich direkt vom schiffshafen zum flughafen. nur keine umwege. kein hostel. nichts. eine weitere nacht ohne richtig zu schlafen. war mir egal. der flug war sehr frueh, ich uebernachtete am terminal- da fuehlte ich mich in sicherheit. die stadt hat mich von anfang an eingeschuechtert und bei der ankunft am hafen war es auch diesmal nicht anderes gewesen. schon wieder dunkel! schon wieder ein unbehagen in mir! ich hatte das glueck, drei spanier kennengelernt zu haben, mit denen ich ein taxi teilen konnte. keine ahnung, wie ich sonst von a nach b gekommen waere. denn wie erwaehnt- als frau alleine ein taxi zu nehmen war mir beim letzten mal schon ungeheuer.

so hatte ich dann eine nacht lang zeit mich mit der frage zu quaelen, wie ich in rio bloss eine unterkunft finden soll. ich wurde auch diesmal von allen seiten gewarnt, dass es fast unmoeglich sein wuerde. ich hatte aber keine wahl, denn meine mutter und cousine kommen mich in vier tagen besuchen. was fuer ein stress!
die preise fuer eine unterkunft sind eine frechheit (man zahlt in der karnevalzeit das sechsfache fuer ein hostelbett. fuer`s gleiche geld kann man in der zeit vor oder nach dem karneval locker in ein schoenes sterne-hotel einchecken), aber da gaht es allen gleich. in meiner verzweiflung war ich bereit, fast jeden preis zu zahlen.
nach zwei tagen hatte die suche ein ende und ich meinen frieden. was fuer eine erleichterung! der spass konnte beginnen!


prost, denn davon gibt's sicher keine kopfschmerzen: wasser.














rio ist carnaval und carnaval ist totaler ausnahmezustand! danach ist alles anders. danach ist der "fluss des januars" einfach nur zuckerhut, christusstatue und ipanema.
nun, carnaval ist, wenn man irgendwann nach einer durchzechten nacht aufwacht und nicht weiss, woher man verbrennungen am bein, zerkratzte haende und allerlei schuerfungen hat und auch tage danach den schwarzen dreck von den fuessen nicht wegbringt... carnaval ist... in jeder hinsicht einmalig!

natuerlich faengt alles mit dem ersten caipirinha (uebrigens so scheusslich suess wie der kaffee) an und hoert beim letzten bloco um sechs uhr morgens auf. alles dazwischen muss man mindestens ein mal im leben erlebt haben.


"bio- muell". gefunden in santa teresa.















ueberfallen oder nur ausgeraubt (fast schon langweilig im vergleich zum ersteren) werden inklusive. denn jeder rechnet im voraus schon damit, dass er um das nicht herum kommen wird. es ist einerseits bittere tatsache, andererseits laesst sich somit von anfang an die grosse
"ich-mag-rio-nicht-weil-man-mich-dort-ueberfallen-hat"-enttaeuschung vermeiden.
ich musste als erste daran glauben. in der linken kleidtasche das geld, in der rechten der zimmerschluessel (und an dieser stelle frage ich mich zum ersten mal warum ich den schluessel ueberhaupt die ganze zeit bei mir trug....?!). am fruehen morgen war nur noch die rechte tasche voll. wenigstens die aber. schlimmer als nur ausgeraubt zu werden, waere auch noch vor der tuere schlafen zu muessen gewesen... ich hatte also meine lektion am ersten abend schon gelernt und bin fuer den rest meines rio-aufenthalts verschont geblieben. wobei dies leider nicht immer eine sache der vor- und umsicht ist. die meisten leute, die mit mir im hostel waren, wurden teilweise bei hellichtem tage und an "sichersten" plaetzen mit waffen und messern bedroht. oft sind die taeter neun bis 14- jaehrige jungs, die sich lieber diesem hobby widmen als in die schule zu gehen (jedes kind in rio hat dieses recht- sei es auch nur laecherliche drei stunden taeglich. zu viele sind zu faul dafuer und bleiben lieber den ganzen tag oder das ganze leben lang zu hause. eine schande!).


manche moegen's halt dezenter.















wenn man dann kurz vor dem ausgeraubt werden steht, hat man keine wahl und gibt alles her- seien es auch nur zwei zigaretten oder fuenf pesos. die devise bei den raeubern heisst: ich will das was du hast, egal wie wertlos es sein mag. das leben wollen sie dir nicht nehmen (jedenfalls nicht, wenn man sich nicht ganz dumm anstellt)- mit diesem gedanken und dieser einstellung kann man als tourist viel ruhiger die stadt und den karneval geniessen. ist wahr. glaubt es mir!
die offizielle dauer dieses spektakels ist ca. sechs tage. jeden tag fangen die ersten blocos (umzuege) um acht in der frueh an und enden mit dem letzten bloco am naechsten morgen um sechs. (alles ohne gewaehr- ich kann nur sagen, wie ich das in etwa mitbekommen habe). ein wochentag dauert also 24 stunden, ein carnavaltag deren 22. viel zeit zum feiern, wenig zeit zum schlafen. der energie, leichtigkeit und gleichgueltigkeit der cariocos und cariocas (einwohner von rio) kann in dieser festlaune sowieso keiner widerstehen. sie ist so ansteckend wie die grippe.
die unzaehligen sambaschulen (die groessten unter ihnen mit ueber 40000 schuelern/ mitgliedern!) geben in diesen kurzen stunden alles- und darin steckt nicht weniger als ein jahr vorbereitung.
als fremder befindet man sich irgendwann inmitten eines der blocos, tanzt mit, verliert sich, verliert dann die anderen, findet sich ploetzlich (oder wird gefunden), steht auf einmal in einem anderen bloco und so faengt dann alles wieder von vorne an. ein fest der sinne!


nichts einfacher, als an ein ticket fuer's sambodromo zu kommen.

im sambodromo- ein stadion, das einzig fuer die konkurrierenden und defilierenden sambaschulen gebaut wurde- lassen sich jeden abend bis in die fruehen morgenstunden die besten schulen mit ihren taenzern, exibitionisten und phantasie-waegen im sitzen bestaunen. ein echter gringo, der sich alles ueber zehn agenturn vorbestellen laesst, zahlt fuer den eintritt ein paar hundert franken. einer, der sich das gleiche ticket vor ort bei den feilschern erwirbt einen vergleichsweise laecherlichen bruchteil davon. aber schliesslich sehen beide das gleiche: hunderte von gemachten bruesten, stiefeln mit 15 cm- absaetzen, meterlange federn auf kopf und am arsch und lebenslust, wie sie es vielleicht nur brasilianer ausdruecken koennen. die sambodromo- paraden darf man sich keinesfalls entgehen lassen, auch wenn die eigentliche party auf den strassen stattfindet.
zum carnaval nach rio? was fuer eine frage! wer kommt mit?

wie gesagt, rio de janeiro scheint nach dem karneval eine andere stadt zu sein.
man hoert nicht mehr die trommeln der blocos, auf den strassen geistern weniger prinzessinnen, abfallsaecke, transen, draculas oder steinzeitmenschen herum.

es ist eine millionenstadt, wie viele andere auch. ich muss zugeben, dass ich keine vorstellung von rio hatte, bevor ich hierher gekommen bin. die stadt ueberrascht aber mit ungeahnt guterhaltenen kolonialgebaeuden, unzaehligen farbigen kathedralchen an jeder ecke, dem pitoresken kuenstlerquartier santa teresa, einem see mitten in der stadt und einem flughafen, der in wenigen minuten vom zentrum aus zu fuss erreichbar ist. (wer dachte, dass der london city airport mitten in london liegt, soll sich das hier mal anschauen...). die architektur balanciert harmonisch zwischen modern und alt, der kilometerlange copacabana und ipanema- strand rahmt diese kulisse dunstig ein, die favela- siedlungen strecken sich von den haengen bis in die stadt herunter und jesus schaut vom corcovado aus diesem treiben von oben zu.



die "esca- deria" im stadtteil lapa. diese treppen begeistern nicht nur snoop dog & pharell williams.


mein erster eindruck war definitiv positiv, aber nach zwei wochen konnte mich die stadt irgendwie immer noch nicht in den bann reissen. an santa teresa habe ich die schoenste und lebendigste erinnerung. die straende sind zwar weltbekannt, aber letzten endes doch nur charmelose stadt-straende, auf denen sich touristen und einheimische tummeln und in der gluehenden hitze um die knackigere braeune brutzeln.


das gelbe "bonde". so nostalgisch! so schwindelerregend, wenn es ueber das offene viadukt in lapa rattert und die cariocos lose daran baumeln.

fuer mich- so wie fuer die meisten weissen- ist der koerperkult der brasilianer schwer nachvollziehbar und scheint masslos uebertrieben zu sein, zumahl man an ihrer haut keinen noch so dunklen hellen quadratmillimeter entdecken koennte.
die cariocos/as drehen sich wie sonnenblumen den ganzen tag lang zur sonne entgegen, schwitzen, was die poren hergeben um ja keinen hellschwarzen pigmentflecken zu riskieren. man kann nicht schwarz genug sein! deshalb gilt "one size" fuer die groessen XS bis XXL, egal ob sie 50 oder 150 kilo wiegen. ganz nach dem motto: je weniger rein passt, desto mehr kann gezeigt werden. die brueste- wenn sie von chirurgenhand nicht schon die richtige form, groesse und hoehe verpasst bekommen haben- werden bis zum kinn rauf gepusht, die arschbacken schoen in 30 cm zahnseide verpackt. und verblueffenderweise sieht rein gar nichts daran billig aus!!! es passt irgendwie...



der sand so gluehend heiss, wie es die exhibition- isten selbst gerne zu sein wuenschen.



diese obsession nach dem perfekten koerper zieht sich bis in die nachtstunden, wenn sich die fitnessstudios zu fuellen beginnen und die passanten an den strand- promenaden den joggern, rollschuh- und radfahrern den weg frei machen muessen.


an der schoenen szenerie kann man eigentlich nichts aussetzen!














wer dann als tourist ein mal genug von copacabana und co. hat, der nimmt das corcovado-baehnli, rattert durch den groessten urbanen wald der welt (tijuca forest) und steht nach 20 minuten zu jesu' fuessen. und stellt fest, dass die statue aus der ferne zwar winzig ist, aber viel ueberwaeltigender und ehrfuerchtiger erscheint, als dann, wenn man vor ihr steht und rauf guckt. oder er geht auf den zuckerhut und geniesst eine herrliche aussicht ueber "the city of god", laesst sich vom schrecklich miesgelaunten und unfreundlichen restaurantpersonal, das schon zu viele sch....-touristen gesehen hat, bedienen.


in der ferne und im dunst ueber rio wachend. aufnahme vom zuckerhut aus.




ueberhaupt hatte ich den eindruck, dass gastfreundschaft in buenos aires groesser geschrieben wird als in rio. die mentalitaet der brasilianer scheint mir eine ganz andere als in argentinien zu sein. die leute wirken hier nicht so zuvorkommend oder fremden gegenueber nicht so offen zu sein, wie ich das erwartet haette. vielleicht liegt es an der sprache, ich weiss es nicht. moechte aber mit dieser beobachtung niemandem zu nahe treten...


die statue ist aus der naehe bei weitem nicht so dramatisch wie aus der ferne.





ach ja: hatte man als touri das glueck noch nicht ausgeraubt worden zu sein, so kann man sicher sein, dass man die kohle auch so rasch los sein wird. am schnellsten geht's beim taxifahren. wenn man auf dem huegel wohnt und zu traege um hochzulaufen ist (so wie meine mutter und cousine. ich natuerlich nicht!) kommt man nicht drum rum ein bis drei mal am tag diesen dienst in anspruch zu nehmen. ist an und fuer sich eine guenstige sache- aber erst nachdem man merkt, dass man immer mehr als das doppelte gezahlt hat. hat man dann mal nach zehn tagen begriffen, dass man nie fragen soll, wie teuer die reise etwa sein wuerde (denn dann schalten sie nie den taxometer ein), ist es erstens zu spaet und zweitens zaubern dir die dreisesten unter ihnen immer einen papierfetzen aus dem handschuhfach, auf dem steht, dass huegelfahrten, abendfahrten, wochenendfahrten, fahrten zwischen verschiedenen vierteln, gepaecktransport, etc... einen zuschlag haben. oder sie fahren ueber zehn ecken und strassen- kein umweg ist lang genug, so offensichtlich es fuer den verdutzten fahrgast auch sein mag. das einzig gute daran ist, dass man so teile der stadt sieht, die man sonst nie zu sehen bekommen wuerde. ist ja auch nicht so schlecht (immer positiv denken, bitte!). wenigstens gibt dir jeder beim aussteigen auf den weg mit, dass man sehr vorsichtig mit der tasche sich bewegen soll, dass sie leicht gestohlen werden kann, usw.. danke fuer den tipp! man muss ja schliesslich genug haben, wenn man das naechste mal wieder ein taxi nimmt!


eine der unzaehligen favelas. oft haben diese (im deutschen unpassend als "armenviertel" uebersetzte) stadtteile die schoensten ausblicke auf den rest der stadt.

rio de janeiro. ich hatte genug. wollte weiter. was fuer ein komisches gefuehl... aus buenos aires konnte ich mich auch nach drei wochen nur schweren herzens verabschieden. 14 tage schoenste aussicht (direkt auf die schrecklichste kathedrale der welt- was fuer ein unchristlicher bau, man glaubt seinen augen nicht!!!), carnaval, santa teresa- aber es wollte einfach nicht funken zwischen uns zwei.
rio gibt einem nicht das gefuehl der sicherheit, es ist ein staendiges aufpassen, linksrechtsundnachhinten- schauen, sobald man ueber die eigene tuerschwelle tritt. das alles ist letzten endes keine erholung, es ist ein herausforderndes abenteuer. auf die dauer ist es einfach nur anstrengend immer misstrauisch durch die strassen laufen zu muessen und sich staendig und ueberall bewusst zu sein, dass man im naechsten moment egal in wie "harmloser" weise ueberfallen werden koennte.

wie gesagt, ich brauche rio- und carnaval- erholung. ich will weg. weg vom trubel, weg von den vielen leuten. nur ein paar tage alleine sein.
die iguassu-faelle muessen warten. ich will auf die insel.

Samstag, 7. März 2009

bahia: zuerts das vergnuegen, dann die arbeit

punta del este und die fuenf beton-finger hab ich in einem nachtbus hinter mir gelassen um nach porto alegre (im sueden von brasilien. aus dieser region stammt gisèle buendchen- um den blog fuer meine maennlichen leser attraktiver zu machen) zu gelangen. von dort aus nahm ich einen flug nach salvador de bahia und dort wieder einen nachtbus nach itacare, vielen auch besser bekannt als ¨delia's paradies".
das sind ungefaehr 4000 kilometer oder 36 stunden (fast) ohne schlaf.

am fruehen morgen angekommen ging ich zu fuss und bei hoechster luftfeuchtigkeit auf die suche nach dem flughafen-bus. vollgeschwitzt, weit ueber 20 kilo auf den schultern, aber gluecklich darueber, dass die haltestelle so leicht zu finden war, stieg ich ein. ich probierte es jedenfalls wieder mal. denn wie viele male zuvor war ich schon mit diesem ungeheuer in den bus-vordereingaengen (vierarmige, senkrecht aufgerichtete, drehbare eisenstange) stecken geblieben und bemitleidenswert vom chauffeur aufgefordert worden, den hintereingang zu benutzen??!! aber wenn man schon mal drin stecken geblieben ist, gibt´s auch keinen schmerzlosen, geschweige denn eleganten weg da wieder ohne mindestens einen blauen fleck raus zu kommen. obendrein starrt dich jeder an als waerst du nicht von dieser welt. die hier sehen so was wie mich nicht oft. das kriegte ich vor allem spaeter am flughafen von salvador eindringlich zu spueren.

nach vier wartestunden am flughafen in porto alegre konnte ich endlich ins fast leere flugzeug einsteigen und mich ueber drei sitze breit machen. nach der ersten wasser-runde und nachdem ich um einen espresso OHNE ZUCKER!!! (den mussten sie neu zubereiten, denn meistens werfen sie das halbe kilo zucker schon beim aufkochen rein. man hat drei mal unglaubwuerdig nachgefragt, ob der kaffee auch wirklich OHNE ZUCKER sein soll...) gebeten hatte, hatten mich alle flugbegleiter erfolgreich ignoriert, sodass ich schliesslich ueber-durstig von kopfschmerzen, fieber und anderen uebelkeiten befallen wurde und stundenlang vergebens einzuschlummern versuchte.

und da war sie ploetzlich: eine erinnerung aus meiner kindheit.
ein vierstuendiger flug, ein kleiner junge, ein und derselbe schrei, drei stunden lang: maaaaaaaae! maaaaaaae! wie ich das nie vermisst hatte! wir haben damals mit einer brasilianischen familie in einem block gewohnt und den ganzen tag, morgens bis abends, dieses eine wort durch alle waende hallen gehoert. es bedeutet einfach nur ¨mutter¨... und toent nach tortur wenn es aus dem munde eines brasilianischen kindes kommt. das herumgeschreie hatte mir endgueltig den rest gegeben, mir war nicht mehr zu helfen.
es war kurz nach 18 uhr, aber schon nacht. ich landete in salvador und stieg fix und fertig, total durcheinander, aus dem flieger aus- noch um ein vielfaches bleicher als ich es eh schon immer war. sogar fuer einen weissen waere mein anblick schrecklich weiss gewesen. wie soll es denn da den wirklich sehr schwarzen einheimischen erst ergangen sein...!!!?? so etwas hellhaeutiges, alleinereisendes mit einem riesigen rucksack gibt es nicht alle tage zu sehen...
rueckblickend kann ich manchmal ein bisschen darueber schmunzeln, obwohl mich damals pure verzweiflung ergriffen hatte. ich fuehlte mich wie ein albino-affe in einem kaefig- und jeder wollte mindestens 100 blicke auf mich werfen.
ich wartete 45 minuten lang auf den bus, der mich vom flughafen zum busterminal bringen sollte. es waren die laengsten meines lebens... alleine ein taxi zu nehmen war mir uebrigens noch viel unheimlicher. kein mensch verstand auch nur ein wort englisch oder spanisch, auch half mir die notiz nicht weiter, auf der schoen leserlich ¨rodoviario¨ (busbahnhof) stand. begaffen wollte mich jeder, sobald man sich aber jemandem naeherte und was fragen wollte, drehten sie mir den ruecken oder blickten weg.
der bus kam endlich. und weil er nicht gleich abfahren wuerde, wollte ich mir eine flasche wasser im imbiss nebenan kaufen. 12 quadratmeter ladenflaeche fuer ca. 12 angestellte... nur kein stress- man ist schliesslich in brasilien.
ich wartete. wartete. wartete. wurde nervoes. der bus wartet auch in brasilien nicht ewig... die leute draengten sich vor mich. ich wollte nicht noch mehr auffallen als ich es eh schon tat und zeigte gute miene zum boesen spiel. irgendwann war ich sozusagen ¨an der reihe¨. seit dem mittag nichts getrunken und eben jenes ignorante flugpersonal. haette es die situation erlaubt waere ich (und jeder andere mensch auch) ausgerastet als sich ein... mannsweib... schon wieder vordraengte und ¨nur¨ ihre getraenke zahlen wollte. der bus, dachte ich die ganze zeit..!! ich laechelte ihr ein luegnerisches ok zu, was haett ich denn sonst tun sollen...? sie wollte ja nur zahlen.
mit drei kilo kleingeld!!!


eile mit weile. aber bloss nicht in brazil! am schluss wird immer alles gut. gruesse aus delia's paradies!


ich konnte es nicht glauben. mir wurde schwarz vor augen. mein durst wurde immer groesser, genau wie die angst, den bus zu verpassen. also ging ich schnell aus dem laden zurueck zum bus. und wer nahm gleich vor mir den platz ein? dieses dumme kamel, das die ganze busfahrt lang ihre vier(!) getraenke saufte...

nach zwei weiteren stunden und tausenden von pruefenden blicken hatte ich mein anschlussticket in der tasche. ich kroch in die wartelounge, schmiss mein ganzes gepaeck auf zwei stuehle und suchte nach wasser. ich konnte den rucksack nicht mehr sehen- haette ihn jemand dort geklaut, ich waere froh darum gewesen.
dann folgten drei stunden unterhaltungs-tv auf brasilianisch. unfassbar! man haette die leute nur sehen sollen. totenstille im wartesaal. alle starren in eine richtung. keine bewegung, kein laut, kein schluerfen am kaffeebecher, nichts...! und es war kein fussball, oder sonst was, was den brasilianern heilig haette sein koennen. nein! es lief big brother!
unglaublich! alle in trance! und ich im tiefstem schockzustand! so viele verlorene seelen auf einem haufen und ich ein teil davon... bei so was hilft leider auch der bittertse kaffee nicht. augen zu und durch!
















am naechsten morgen war ich am ziel angelangt. die odysee war zu ende. big brother weit weg. ich muede und kaputt. der schlaf, den ich so lange herbeigesehnt hatte, wollte mich natuerlich genau jetzt nicht ueberrennen. da kann man nichts machen, ausser sich einfach nur auf den abend freuen und wissen, dass man umso schneller auch bei hoechster naechtlicher luftfeuchtigkeit und ohne klimaanlage zufrieden einduesen wird.


nicht abgeschottet, aber nur zu fuss erreichbar. die schweissarbeit ist vielen touristen ein hindernis. verstaendlich. und darum ein dankeschoen an die faulpelze, denn sonst haetten diese straende nichts idyllisches mehr an sich.






der doerfchenkern von itacare an sich ist nicht spannend, voll von backpackern- solchen wie mich eben. ausserhalb des kleinen touristenknaeuels ist aber doch alles sehr idyllisch und ruhig. die straende sind traumhaft schoen und viele auch traumhaft leer. die einheimischen scheinen hier bewundernswert sorgenfrei (in unserem europaeischen sinn) zu leben und gluecklich und zufrieden mit dem zu sein, was sie haben. auf der strassen und im supermarkt hoert man auf jeden schritt jemanden ein liedchen pfeiffen und wenn man im souvenierladen eine postkarte kaufen moechte, kann es gut sein, dass man von einer gerade stillenden mutter bedient wird... es ist wahrlich eine etwas andere welt! mehr kann ich dazu irgendwie gar nicht sagen, es ist ein kleines paradies. die fotos druecken meine wahrnehmungen viel besser aus, als ich es in worte fassen koennte. deshalb: geniesst die fotos und beneidet mich. ich nimm's niemandem uebel.


und, wie war der fang heute..?

nach vier tagen un vielen dummen ratschlaegen hatte ich mich entschieden nach morro de sao paulo (zwischen itacare und salvador gelegen) zu gehen. alleine schon die reise dorthin ist wieder ein paar zeilen wert:
ich entschied mich also in letzter minute doch noch den nachtbus zu nehmen und nicht erst am naechsten morgen zu reisen. zuvor setzte ich mich in ein restaurant um mir den rest der reise durch den kopf gehen zu lassen. ich war sehr angespannt, denn ich hatte noch keine unterkunft dort und man hat mir gesagt, dass hochsaison sei und dass es seeeehr, seeehr schwierig sein wuerde was zu finden.
ich wuehlte die ganze zeit verwirrt in der tasche herum, fand das gesuchte und vergass schliesslich die haelfte beim verlassen des restaurants. unter anderem zwei paar schuhe! hatte wenigstens den vorteil, dass ich somit ein gutes kilo gepaeck weniger auf den schultern hatte... deshlab trauerte ich nicht lange, obwohl meine lieblings-turnschuhe drunter waren. ein kilo weniger ist nicht wenig!


platz und palmen, so viel man will...









wir kamen gegen fuenf uhr in der frueh an und mussten gleich auf ein boot, das uns auf die insel brachte. die busfahrt war die schlimmste, die ich je ueberstehen musste. sechs stunden lang geruehrt und geschuettelt worden. wirklich ganz uebel!
die bootsfahrt werde ich nie vergessen: 
es ist ca. 5.20 uhr als wir abfahren. keiner konnte auch nur eine minute lang waehrend der ganzen busreise schlafen. alle grimmig reinschauend, uebermuedet, einfach nur nach einer freien ecke im boot suchend, in die er sich bis zum sonnenaufgang wenigstens verkriechen koennte. dann wie aus dem nichts: musik aus zwei riesigen boxen auf disco-lautstaerke. wenn schon, denn schon... wir lagen alle im boot wie tote fische und wussten nicht was uns geschieht. blankes entsetzen, hoffnungslosigkeit und selbstmitleid in jedem versteinertem gesicht zu lesen. jeder schuettelt den kopf, schaut verwirrt um sich und weiss genau, dass man da nichts machen kann. die lauteste boots-party der welt findet statt und nur der kapitaen amuesiert sich. auf seinem bug- zappelt mit ausgestreckten armen und beinen im rhythmus seiner platte. und pfeifft auf den rest der welt. das ist bahia! bem vindo!
als entschaedigung gab's aber einen der schoensten sonnenaufgaenge, den ich je gesehen habe.

bahia um halb sechs uhr morgens. nur einer wacht ueber unsere sclaflosigkeit- mit ein paar hundert dezibel.


bei der ankunft in morro wurde einem zuerst das gepaeck abgenommen und schoen aus dem hafen rausbefoerdert. niemand verstand was los war, denn alle rissen sich darum die meisten gepaecke schleppen zu duerfen. die touris wie entlein hinterher watschelnd, zufrieden, denn es war schon wieder heiss geworden und man hatte diese verrueckten, die einem noch die rucksaecke durch den sand zogen. im ganzen dorf gibt es keine asphaltierten strassen. auch keine autos oder buesse. nur sand. und irgendwann begriffen wir, dass all die netten gepaecktraeger in wahrheit echte taxifahrer waren.

taxi? ja, bitte! mit muskelkraft befoerdern die maenner ca. 150 kilo den sandhuegel hinauf. wenn's sein muss auch peinliche, besoffene auslaender...




meine befuerchtungen, dass ich keine unterkunft finden wuerde, hatten sich schnell in luft aufgeloest, denn beinahe jedes haus war auch eine sogenannte pousada, d.h. privatunterkunft. ich und noch zwei daeninnen landeten zusammen in einer etwas auf dem berg gelegenen pousada mit einer durchgeknallten besitzerin (ich weiss nicht, was die in ihrem leben alles schon geraucht hat, aber es kann ihr sicher nicht gut getan haben...) und ihren 127 abgemagerten katzen. 


von der insel selber war ich leider ziemlich enttaeuscht. die straende sind ok, konnten jenen von itacare (ja sogar jenen von punta del este) nicht das wasser reichen und ueberhaupt war alles zu touristisch. nicht das, was ich erwartet hatte, als jeder davon schwaermte und mir riet unbedingt dorthin zu gehen. die zentralen straende zum beispiel tragen so poetische namen wie "strand 1", "strand 2", "strand 3" oder "strand 4". kein witz! der hauptort der insel ist einfach nur ein partyort wie jeder andere auch, ausser dass hier alles neben portugiesisch und spanisch auch auf hebraeisch angeschrieben ist. eine etwas andere israelische festung. habe mir sagen lassen (und mittlerweile auch selbst mich davon ueberzeugen koennen), dass sehr viele israelis nach der ausbildung durch suedamerika reisen. was mich- weiss auch nicht warum- sehr ueberrascht hatte. man hat aber den eindruck, dass sie sich hier keine freunde machen, was sie offensichtlich selbst zu verantworten haben. sie bilden gruppen, mischen sich selten unter "andere" und sprechen meistens kein wort portugiesisch oder spanisch, gruessen nicht und kommunizieren nur wenn es wirklich sein muss.


gleich kommt der regen. zuerst aber mein abschied im hafen von morro de sao paulo.




morro ist ein ort, wo mindestens 90 prozent der einheimischen maenner taxifahrer sind, mindestens 90 prozent der touristen israelis sind, mindestens 90 prozent der haeuser auch pousadas sind und mindestens 90 prozent aller menschen flip-flops tragen. nett, aber kein ort, wo ich unbedingt nochmals hingehen muesste...
nach drei tagen musste ich schon wieder nach salvador fahren, weil ich von dort aus einen flug nach rio hatte. bevor ich unsere durchgeknallte verliess, traf ich einen australier, der mir den tip gab, eine tablette zu nehmen, bevor ich auf den katamaran gehe. wie bin ich ihm heute noch dankbar! links und rechts, vor und hinter mir wurde zwei stunden lang gekotzt und im fernsehen lief carnaval!


was fuer ein fest...!!! mir egal, ich flieg nach rio!